Der Alpkönigblick im Oberallgäu

Ein Wandertipp von Anton Gratz, Mitglied des Bundeslehrteams Wandern

Wanderer schätzen das „grüne“ Allgäu insbesondere für seine abwechslungsreichen Tourenmöglichkeiten. Kaum einer aber weiß, dass diese Landschaft nicht immer von satten Wiesen und der Milchwirtschaft geprägt war.

Tatsächlich lebte das Allgäu noch im 18. Jahrhundert vom „blau“ blühenden Flachsanbau und der Leinenweberei. Als dann der mechanische Webstuhl und die Baumwolle den Markt revolutionierten, verarmte die Region. Erst als der auch „Alpkönig“ genannte Carl Hirnbein um das Jahr 1830 Käse herstellen und exportieren ließ, ging es wieder bergauf. Weil die Produktion ständig erhöht wurde, brauchte man mehr Kühe und ertragreiche Wiesen. So wurde aus dem ehemals „blauen“ das „grüne“ Allgäu.

Die Dörfer um Hirnbeins Todesort Weitnau, circa 20 Kilometer südwestlich von Kempten, werden heute auch „Alpkönigdörfer“ genannt. Abseits der touristischen Hauptströme und in unmittelbarer Nähe der NaturFreunde-Flusslandschaft der Jahre 2014/15: Argen sind sie ein echtes Wanderparadies, das ab Kempten gut mit dem Bus erreichbar ist. Hier wird viel für Wanderer getan, insbesondere für Familien: Der knapp sieben Kilometer lange „Carl-Hirnbein-Weg“ zum Beispiel von Weitnau nach Missen mit dem dortigen Hirnbeinmuseum (und der Argen) hat Ausweichrouten für Kinderwagen, extra angelegte Spielplätze und immer wieder „Infowürfel“, die in Geschichte, Kultur, Natur und natürlich die Alpwirtschaft des Oberallgäus einführen.

Der Infowürfel in Weitnau ist Start- und Endpunkt dieses Wandertipps mit detaillierter Wegbeschreibung (siehe PDF rechts). Die gut 15 Kilometer lange Tour, die auch Routen des „Carl-Hirnbein-Weges“ nutzt, ist leicht bis mittelschwer, 500 Höhenmeter müssen auf- und wieder abgestiegen werden.

Aber die lohnen sich. Denn ganz oben auf 1.240 Metern Höhe ermöglicht ein Aussichtsturm den „Alpkönigblick“: Vom Säntis über die Hauptkette der Allgäuer Alpen bis zum Zugspitzmassiv und den Ammergauer Bergen reicht der Blick und lässt den Betrachter ob der Schönheit und Mächtigkeit der Bergwelt nur noch staunen. Über das Isnyer Becken schweifen die Augen bis weit hinaus ins württembergische Oberschwaben, im Norden sieht man ein großes Waldgebiet (Adelegg), im Osten das Illertal. Und unterhalb des Turmes liegt „Kling‘s Hütte“, die jetzt zur Einkehr einlädt.

Anton Gratz
Der Artikel ist zuerst erschienen in NATURFREUNDiN 2-2014.