Sozialdemokraten und NaturFreunde im gemeinsamen Widerstand gegen die NS-Diktatur

Ein Beitrag von Rainer Pasta für die Online-Zeitschrift "NaturFreundeGeschichte/NatureFriendsHistory"

Aus Sicht der sozialdemokratischen Seliger-Gemeinde und mit der selten gewählten Perspektive auf die ostbayerische und die sudetendeutsche NaturFreunde-Geschichte gibt Rainer Pasta einen Überblick über vor allem auch personelle Gemeinsamkeiten von Sozialdemokraten und NaturFreunden im Kampf gegen die NS-Diktatur 1933 bis 1945.

„Am andern Tag sind wir fort. Es ist doch gut, daß wir als alte ‚Naturfreunde‘ Bergsteigen gelernt haben und Winkel und Steige wissen, wo sich heute noch keiner von den feigen Hitleristen hintraut.“
(Joseph Hochegger jr. in Oskar Maria Grafs Zeitroman "Der Abgrund")

Als der Touristenverein der Naturfreunde (TVDN) 1885 in der Hauptstadt Österreich-Ungarns aus der Taufe gehoben wurde, waren bedeutende Sozialdemokraten an dessen Gründung beteiligt – beispielsweise Dr. Karl Renner, der spätere Staatskanzler der ersten österreichischen Republik ab 1920. Der Touristenverein die Naturfreunde war zwar organisatorisch selbstständig, trotzdem blieb er eng mit der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung verbunden und war fest in die „sozialdemokratische Familie“ eingebunden. Die NaturFreunde waren nie ein reiner Umweltverband. Auch heute beinhaltet die Satzung unter anderem internationale Solidarität, Ablehnung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Wohl in keinem Zweige der vielgestaltigen Arbeiterbewegung war der Geist der Internationalität so stark ausgeprägt wie in der über Ländergrenzen hinweggreifenden NaturFreunde-Bewegung.

Konservative Organisationen wie der Alpenverein oder die Gebirgs- und Waldvereine nahmen Arbeiter nicht auf. Wollte man also „Tourist“ sein, das heißt auf Wander-, Berg- oder Wochenendtour gehen, und die wenige Freizeit mit Gleichgesinnten verbringen, boten sich die NaturFreunde als eine Art genossenschaftlicher Struktur an.

Wo immer man in den Tiroler Bergen, im Schwarzwald, in der Schweiz, auf den Höhen des Erzgebirges oder in der Lüneburger Heide Wanderer traf, die das NaturFreunde-Abzeichen trugen, da sah man in ihnen nicht Fremde sondern Brüder und schüttelte ihnen die Hände, welches Land sie auch ihre Heimat nennen mochten. Und wenn man, wo immer in einem der bescheidenen Häuser, von deren Giebel das NaturFreunde-Abzeichen leuchtete, Einkehr hielt, da fühlte man sich als ebenbürtig daheim und geborgen. Am Bodensee ebenso wie in Holland, in den Karpaten wie in der Schweizer Gletscherwelt, sang man in abendlicher Stunde die gleichen Lieder und redete dieselbe Sprache. Selbst in Nordamerika bauten die dort lebenden Deutschsprachigen ihre Naturfreundehäuser.

Kaum war in Wien der Touristenverein die Naturfreunde aus der Taufe gehoben, sprang der Gedanke über auf Nordböhmen. In Turn bei Teplitz brachen die „Porzelliner“ mit den alten Sitten und machten sich vom Wirtshaus los, in Liebenthal bei Eger waren es Textilarbeiter, die sich das Vereinsabzeichen ansteckten, und nacheinander entstanden neue Vereine in Nordböhmen, in Mähren und Schlesien.

Der Widerstand der NaturFreunde gegen die Nazis kann nicht isoliert betrachtet werden – der Großteil der Widerständler war gleichzeitig in der SPD, in den Gewerkschaften und den Jugendverbänden tätig. Gerade im Widerstand gegen die Nationalsozialisten fruchtete die enge Verbindung der Sozialdemokratie mit den NaturFreunden.

NaturFreunde in Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei, aber auch in Schweden und Holland beteiligten sich aktiv am Widerstand und haben sich nach dem Kriege in herausragender Weise an der Aufarbeitung der Gräueltaten der Nationalsozialisten beteiligt.

Willy Brandt und seine Mutter waren Mitglieder der Lübecker NaturFreunde. In deren Naturfreundehaus Priwall verbrachte Willy Brandt, damals noch Herbert Frahm, in den 1920ern viele Ferien-Sommer. Er hat diese Sommer auf dem Priwall in seinem Buch „Links und frei" beschrieben.

Neben dem späteren österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky gehörten dazu auch andere Personen historischen Interesses, wie zum Beispiel Kurt Eisners Sekretär Felix Fechenbach oder Bert Brechts Mitarbeiterin Margarete Steffin, sowie zentrale Einzelpersonen (von dem späteren Bundeskulturreferenten Fritz Lamm über den kommenden Bundesvorsitzenden Fritz Rück bis hin zum künftigen Redakteur der Bundesmitgliederzeitschrift Ernst Rohm) und ganze Familien (so die Familien Buckpesch und Lampasiak).

Volkmar Gabert (1923-2003), ehemals Bundesvorsitzender der Seliger-Gemeinde und einer der bedeutendsten Vertreter der bayerischen SPD, wuchs schon früh in die vielfältige Arbeiterkultur im Sudetenland hinein; er engagierte sich bei den Falken, der Sozialistischen Jugend, dem Arbeiter-Turn- und Sportverband und in der NaturFreunde-Bewegung. Schon in frühester Jugend beteiligte er sich am Schmuggel von Schriften des sozialdemokratischen Exilvorstands in Prag, die über die sächsische Grenze ins Reich gelangten.

Die NaturFreunde als Teil der sozialdemokratischen Familie

Als die NaturFreunde vor 123 Jahren gegründet wurden, war das eine Zeit, in der Niedergang und Aufbruch eng nebeneinander lagen. In den Gründungsjahren neigte sich das lange 19. Jahrhundert dem Ende zu, und nach dem Ersten Weltkrieg kam es endgültig zum Zusammenbruch des alten europäischen Staatensystems. Die Industrialisierung war mit rücksichtsloser Ausbeutung verbunden gewesen. Von der herrschenden Klasse war das Proletariat ausgegrenzt und diskriminiert worden. Arbeiterorganisationen wurden lange Jahre von der politischen Polizei überwacht und verfolgt.

Die sozialdemokratische Arbeiterbewegung kämpfte für die Befreiung des Menschen aus Abhängigkeiten und Unterdrückung, für das allgemeine Wahlrecht, für menschenwürdige Arbeit, freie Gewerkschaften und für die soziale Emanzipation, die sich in proletarischen Kultur- und Freizeit-Organisationen widerspiegelte. Das bekannte Lied „Aus grauen Städten Mauern, so zieh´n wir in die Welt“ beschreibt anschaulich, wie es der Masse der Arbeiter damals ging und wie sie sich nach Natur und frischer Luft sehnte. In der Weimarer Republik hatte die NaturFreunde-Bewegung Deutschland mit einem dichten Netz von Herbergen überzogen. Die NaturFreunde hatten von jeher den Anspruch und das Streben nach Toleranz, Meinungsvielfalt, Solidarität und Internationalismus, so dass sie Ende der 20er Jahre und Anfang der 30er Jahre von den antidemokratischen Kräften, die in dieser Zeit in der Weimarer Republik die Oberhand gewannen, zunehmend verfolgt und dann verboten wurden. Im Gegensatz zu Unterkünften anderer Vereinigungen, wie zum Beispiel dem Alpenverein, verteilten sich die Naturfreundehäuser aber über alle Landschaftsgebiete Deutschlands: von den Bergen Bayerns über die Mittelgebirge Mitteldeutschlands bis an die Strände der Ostsee.

Nach dem Ersten Weltkrieg schritten auch die Ortsgruppen in der Tschechoslowakei zur Errichtung von Naturfreundehäusern. Keine reichen Gönner standen ihnen zur Seite. Arme, von hohem Idealismus beseelte Leute waren es, die Sonntag für Sonntag, bei Sonnenschein und Regen, Balken und Ziegel schleppten, bauten und klopften, Quellen fassten, die Schlafräume einrichteten und Brennmaterial herbeitrugen. Niemand kommandierte, jeder griff zu, als ob man das eigene Haus bauen würde. Wer nicht selbst anpacken konnte, machte sich anderweitig nützlich, beschaffte bei guten Bekannten warme Decken und Küchengeschirr. Die Frauen übernahmen angesichts der traditionellen Rollenverteilungen eher klassisch häusliche und familiäre Aufgaben. In Vorderzinnwald, in Nollendorf, in Rennersdorf, am Mückenberg, und bald in langer Reihe den Erzgebirgskamm entlang, über das Lausitzer- und Isergebirge hinüber zum Altvater entstanden die Häuser. Die Prager bauten ihre Heime in Schelesen/Želízy und im Brdywald, die Mähren im Thayatal, die slowakischen Gruppen in den Karpaten. Manche der Hütten waren anspruchslos und wurden dennoch behütet wie Kleinode, andere schon von stattlicher Gestalt wie das Haus der Reichenberger auf der „Königshöhe“ und das als Krönung vom Reichsausschuss erstellte Haus am Lenzenberg im Riesengebirge im Angesicht der Schneekoppe.

Ende 1920 existierten in Böhmen 26 Ortsgruppen und im ersten Halbjahr 1921 kamen sieben neue Ortsgruppen hinzu. Es gab 22 sudetendeutsche Naturfreundehäuser in der Tschechoslowakei: unter anderem das Naturfreundehaus am Lenzenberg/Riesengebirge, die Rennersdorfer Hütte, das Naturfreundehaus Karlsdorf, die Gersdorfer Hütte, das Naturfreundehaus Klein-Han, die Lausitzer Hütte, Haus Königshöhe, Haus am Keilberg, die Morbachhütte, das Naturfreundehaus Niederlichtenwalde und das Naturfreundehaus in Nollendorf bei Aussig. In der Tschechoslowakei gab es 1921 insgesamt 33 Ortsgruppen. In Aussig lag die Zentrale der NaturFreunde Böhmens. Beim ersten „Reichsjugendtag“ der Deutsche Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (DSAP) in Teplitz/Teplice waren im Mai 1924 rund 4.000 sächsische Jugendgenossen zu Gast.

Im Mai 1927 gelang es den sächsischen NaturFreunden, mit der tschechoslowakischen Regierung den Grenzübertritt zu vereinfachen. In der Folge fanden jährlich „Sonderzugfahrten nach Nordböhmen“ statt, bei denen 1928 und 1929 je etwa 1000 sächsische NaturFreunde mit den deutschböhmischen NaturFreunden zu gemeinsamen Wanderungen zusammenkamen.

Für Deutsch-Nationale und Nazis waren die NaturFreunde, wie alle anderen Teile der sozialistischen Arbeiterbewegung, „vaterlandslose Gesellen“. Die „sozialdemokratische Familie“ – und damit auch die NaturFreunde – rückte ins Fadenkreuz der politischen Rechten.

Verboten und verfolgt – der gemeinsame Weg in den Widerstand

Mit dem Sieg des Faschismus, dem Verbot von KPD, SPD und Gewerkschaften wurde auch allen NaturFreunde-Gruppen die Aktivitäten untersagt. Nicht wenige waren der Hetzjagd durch die Nazis ausgesetzt und gingen in den aktiven Widerstand. Durch ihr Weltbild konnten und wollten sich viele von ihnen nicht in die private Nische zurückziehen.

Als nach der Machtergreifung durch Hitler die Naturfreundehäuser in Deutschland ihrer idealen Zweckbestimmung entzogen wurden, war die große Gemeinde der deutschen Arbeiterwanderer heimatlos geworden. Enteignete Häuser, in denen der Ungeist Einzug gehalten hatte, musste man meiden. So schlich man über die Grenzberge nach Österreich und ins Sudetenland, steckte das Abzeichen an und wurde brüderlich aufgenommen.

Viele NaturFreunde-Mitglieder in Österreich waren Mitglieder im Republikanischen Schutzbund (1924–1934). In den Kadern und bei den Ausbildern des Schutzbundes waren überdurchschnittlich viele ASKÖ- und NaturFreunde-Sportler. Wie schon der Name sagt, diente der Schutzbund der Verteidigung von Demokratie und Republik. Die rechten Wehrverbände hingegen hatten die Abschaffung der Demokratie zum Ziel.

1933 hatten "rote Bergsteiger" begonnen, einen organisierten Fluchthilfedienst über die Alpen und die Pyrenäen aufzubauen. Zu ihnen gehörte Eduard Rabofsky, ein österreichischer NaturFreund. Vom Hochkönigmassiv über das Steinerne Meer bis zu den Lechtaler Alpen und dem Bregenzer Wald erstreckte sich ab 1933 der Hilfsdienst roter Bergsteiger aus Österreich, die ihre deutschen Genossen, die vor dem Terror flüchten mussten, auf unkontrollierten Bergwegen über die Grenzen führten. NaturFreunde halfen auch jüdischen Flüchtlingen bei der Flucht aus Nazideutschland nach Österreich.

Kaum ein Gestapo-Akt berichtet etwas über diese Grenzeinsätze. Sie endeten, als der sozialdemokratische Schutzbund in Österreich im bewaffneten Kampf gegen Heimwehr und Polizei unterlag. Am 14. Februar 1934 wurden auch hier die NaturFreunde von der Regierung Dollfuß verboten. Nach Ausschaltung der Demokratie, Verbot der Sozialdemokratie und deren Vorfeldorganisationen waren NaturFreunde aktiv im Widerstand bei den Revolutionären Sozialisten (zum Beispiel Bruno Kreisky, Ludwig Sperlich). Die Alpinistengilde der NaturFreunde beispielsweise traf sich auch in der Illegalität bis 1945 wöchentlich. Allein auf der Liste der weit über tausend Toten der NS-Justiz im Wiener Landesgericht befinden sich Hunderte bekannte und unbekannte Mitglieder der NaturFreunde.

Die internationale NaturFreunde-Bewegung hatte einen bedeutenden Zweig in der Tschechoslowakei. Mehr als 100 Naturfreundehäuser zeugten von ihrer Tatkraft und Initiative. Der blühende Aufbau wurde jäh vom NS-Regime unterbrochen. Nachdem 1934 die Organisation in Österreich zerschlagen worden war, fand die Hauptversammlung der internationalen NaturFreunde vom 7. bis 9. August 1936 in Brünn/Brno in der Tschechoslowakei statt. Deutsche und österreichische Naturfreunde überschritten illegal die Grenze; sie riskierten ihr Leben, um den NaturFreunden treu und nah sein zu können. In der Zeit von 1933 bis zur Besetzung der gesamten Tschechoslowakei durch die Nazis im Jahre 1939 haben die tschechoslowakischen NaturFreunde wahre Heldentaten vollbracht. Mutige Genossen haben verfolgten und gedemütigten deutschen NaturFreunden und den Angehörigen anderer Organisationen geholfen und ihnen das Leben gerettet. Naturfreundehäuser waren Anlauf- und Rettungsstationen für bedrängte Flüchtlinge und Emigranten. Auch die Arbeiterzeitung wurde von sudetendeutschen und tschechischen NaturFreunden aus der Tschechoslowakei nach Österreich und Deutschland geschmuggelt.

Die Rolle der Naturfreundehäuser in Nordböhmen nahm ab 1933, als im Nachbarland der Faschismus an die Macht kam, für Antifaschisten von beiden Seiten enorm zu. Für viele Emigranten waren sie erste Anlaufstellen nach ihrer Flucht aus Deutschland. Der Königshöhe im Isergebirge kam eine besondere Bedeutung zu. Sie war eine große, komfortable Baude mit Autozufahrt und Busverbindung, eine Einrichtung der NaturFreunde-Ortsgruppe Reichenberg/Liberec. Sie war ganzjährig geöffnet und hatte eine Kapazität von 50 Betten und 100 Matratzenlagern. Hier sollen von 1933 bis September 1938 neben dem laufenden Herbergsbetrieb für Touristen und Wanderfreunde ständig bis zu 50 Emigranten untergebracht und betreut worden sein. Außerdem fanden hier Beratungen zur illegalen „Grenzarbeit“ statt. Darüber hinaus blieb sie eine der bekanntesten Stätten der NaturFreunde-Bewegung und der Arbeitertouristik in der Tschechoslowakei. So fand hier im Februar 1936 ein internationales Treffen der Arbeiter-Winter-Touristik statt, das zugleich eine Kundgebung gegen die braune Wintersportolympiade in Garmisch-Partenkirchen war.

Die Bedeutung der Lausitzer Hütte als erstem Anlaufpunkt für politische Flüchtlinge aus Deutschland lässt sich auch an der Übernachtungskapazität ablesen, die hier auf „40 Matratzen“ beziffert wurde. Deutsche Emigranten und nordböhmische NaturFreunde trafen sich zum Biespiel 6 Wochen nach dem Reichstagsbrand zu Ostern 1933 am Naturfreundehaus „Lausitzerhütte“ am Südosthang der Lausche (Luž) im Lausitzer Gebirge, nur 3-4 Kilometer von der Grenze nach Deutschland entfernt. 1933 fand in der Morbach-Hütte (Mückenberg), Turn nordöstlich von Teplitz, ein SAP-Treffen statt. Das Naturfreundehaus Rennersdorf (Rynaltice) war wichtiger Treffpunkt in der Grenzarbeit der SAP.

Grenztreffen der SAP gab es von 1933 bis 1938 auch im grenznahen Naturfreundehaus Nollendorf bei Aussig (Ústí nad Labem). Aussig war ein Zentrum der NaturFreunde-Bewegung. Als die Nazis das Sudetenland besetzten, verlegte der tschechoslowakische Landesvorsitzende Theodor Dietl am 4. Oktober 1938 die Leitung der tschechoslowakischen NaturFreunde-Bewegung von Aussig nach Prag.

Auch nach dem Einmarsch der Deutschen 1939 in die Tschechoslowakei dienten die dortigen Naturfreundehäuser als Widerstandszentren gegen die Nazis und als Flüchtlingslager für Verfolgte. NaturFreunde transportierten antifaschistisches Material über die Grenzen oder organisierten illegale Treffen. So liefen viele Berichte und Fotos über die Bluttaten der Nationalsozialisten über die deutsch-tschechische Grenze zum Grenzsekretariat der Exil-SPD, das sie zur Veröffentlichung an die Sopade weiterleitete.

Beim Verbot 1933 hatten die deutschen NaturFreunde 60.000 Mitglieder und 220 Häuser, und 1934 die österreichischen NaturFreunde 90.000 Mitglieder und 101 Häuser. Die stärksten Landesverbände innerhalb ihrer Internationale waren von den Auswirkungen des Nationalsozialismus besonders betroffen. Die Naturfreundehäuser und andere Einrichtungen, die mit dem Geld und viel Arbeit der Mitglieder geschaffen worden waren, wurden ab 1933 besetzt und von SA und HJ übernommen.

Fünf Jahre später, 1938, widerfuhr den NaturFreunden des Sudetenlandes das gleiche Schicksal, auch ihre Häuser gingen verloren. In Deutschland, in Österreich und im Sudetengebiet war die Bewegung ausgelöscht, die Idee aber konnte nicht zerstört werden. Nach weiteren Verboten in der Tschechoslowakei, in Polen, Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Ungarn verblieben einzig die Landesverbände Schweiz und USA.

Es wird deutlich, wie unterschiedlich im Einzelnen die regionalen Umstände waren. Wo es möglich war, traf man sich trotz des Verbots selbst da weiter, wo aktive Widerstandsaktionen nicht (mehr) stattfanden. Genau dies war die Voraussetzung, dass in einigen Regionen schon unmittelbar nach der Befreiung 1945 begonnen werden konnte, den Verband vor Ort und regional wiederaufzubauen.

Nach der Befreiung vom Faschismus erhob sich in Österreich und in Deutschland auch die NaturFreunde-Bewegung zu neuem Leben. Sie nahm ihre Häuser wieder in Besitz und seither ziehen wie ehedem Junge und Alte beglückt in die Berge und beleben ihre Heime. In der Tschechoslowakei allerdings blieb ihnen der Weg zu den Bauten auf den Gebirgskämmen versperrt – die, die ihn früher gingen, wurden aus der Heimat verjagt.

Sozialdemokratischer Widerstand in Bayern

Der innerdeutsche Widerstand bestand aus Gruppen und Zirkeln, die zum Teil Kontakte untereinander besaßen, meist aber unabhängig und ohne Kenntnis voneinander arbeiteten. Um ihn zu unterstützen, schuf die Sopade – der Auslandsorganisation der verbotenen SPD – am 28. Mai 1933 in den Nachbarländern des Deutschen Reiches Grenzsekretariate, davon fünf in der Tschechoslowakei. Nach dem Verbot der österreichischen Sozialdemokratie 1934 und dem Wegfall des dortigen Grenzsekretariats kam noch ein sechstes hinzu. Für Bayern verantwortlich waren für Nordbayern Hans Dill in Mies, das günstig an der Bahnlinie Prag–Nürnberg lag, und für Südbayern Waldemar von Knoeringen in Neuern, an der Bahnstrecke Eisenstein-Pilsen. Beide Grenzsekretäre betreuten sozialdemokratische Gruppen, die in Bayern in ehemaligen Zentren der SPD wie Augsburg, München und Nürnberg entstanden waren.

Bedeutend war die enge Verbindung der Exilorganisation und des bayerischen Widerstands durch ihre sudetendeutsche Schwesterpartei. So arbeitete der Grenzsekretär Hans Dill 1936 bis 1938 für die sudetendeutsche Partei im westböhmischen Winterberg. Die Nutzung der sudetendeutschen Druckereien für antifaschistische Schriften war für die reichsdeutsche Parteiführung ein wesentlicher Punkt.

Dies war umso wichtiger, da der Schmuggel von Informationen und Literatur über die bayerisch-tschechische Grenze die letzte und zentrale Tätigkeit des sozialdemokratischen Widerstandes war. Auf der bayerischen Seite übernahmen die erwähnten Zellen in den ehemaligen sozialdemokratischen Zentren die Organisation. Volkmar Gabert gab an, dass er als Mitglied der Jugendorganisation Die Falken auch an Schmuggel-Aktionen teilnahm. Er lieferte zum Beispiel in den grenznahen Häusern den NaturFreunde-Kurieren der reichsdeutschen Sozialdemokratie Material und ging im Winter auf Skiern in das Deutsche Reich, um Material zu überbringen. Auf diese Weise profitierten Grenzsekretäre von der Ortskenntnis der Einheimischen über illegale Grenzwege. Zwar bot das dicht bewaldete und gebirgige Gebiet zuerst ideale Voraussetzungen für diese Widerständler. Aber als die Überwachung dichter wurde, hatten die als Wanderer oder Skiläufer getarnten Schmuggler mit dem verkehrsarmen Hinterland zu kämpfen, wo Fremde schnell auffielen.

Wie stark sie personell waren, zeigte eine Verhaftungswelle im August 1934, bei der mehr als 150 Sozialdemokraten in ganz Bayern verhaftet wurden. Nachdem die bayerische Polizei 1934 und 1935 mehrfach solche Verteilungsapparate ausgehoben hatte, brachen diese Zellen zusammen und die Verteilung stützte sich bis 1938 mit Ausnahme einer Gruppe in München auf Einzelpersonen.

In Südbayern nutzte von Knoeringen die noch bestehenden Verbindungen in Österreich, um über das Salzburger Land und Tirol Literatur nach Südbayern zu schmuggeln. Zwar bedeutete dies zwei illegale Grenzübertritte, aber diese Route hatte den Vorteil, dass die reichsdeutschen Polizeistellen nicht mit diesem Umweg rechneten und die Grenze zu Österreich nicht so scharf bewachten. Hinzu kam der Schmuggel über die Eisenbahn, der aber ebenfalls unter wenigen, kaum frequentierten Verbindungen sowie strenger Überwachung litt. Hier konnte von Knoeringen bis 1938 auf den Ladeschaffner Josef Denk zurückgreifen, der am Grenzbahnhof Eisenstein arbeitete und so die Schriften über die Grenze bringen konnte. Die Gestapo entdeckte jedoch die Verbindungen zum Exilparteivorstand der SPD nach Prag, die über Regensburg und Nürnberg liefen. Im Oktober 1934 wurden Fried, Schober und Linsenmeier zu vergleichsweise milden Strafen zwischen einem Jahr Gefängnis und zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Die offiziell bekannte Zahl der an diesem Netzwerk beteiligten Personen war 30, darunter mit Franz Ascherl aus Goldberg auch ein Sudetendeutscher. Inoffiziell lag die Zahl wohl höher, da viele Genossen durch das Schweigen der 1934 Verhafteten in den Verhören vor einer Enttarnung bewahrt wurden.

Widerstand in Niederbayern/Oberpfalz

Regensburg

1910 entstand die Ortsgruppe Regensburg. Auch hier waren die NaturFreunde mehr als der Wanderverein der Arbeiterbewegung. Das „Aus grauer Städte Mauern“ spielte gewiss eine zentrale Rolle, aber man wollte dies in einen größeren sozialen, politischen und ökologischen Zusammenhang stellen. Nur wer seine Umwelt kennt, so sagte man, kann sie wirklich schätzen und für die Emanzipation der Arbeiterklasse nutzen. Die Vereinsaktivitäten sollten unter der Maßgabe stattfinden, die menschlichen Lebensgrundlagen im breiten Sinne zu verbessern. Man wandte sich gegen Naturzerstörung, Intoleranz und Kriegspropaganda. Angesichts unterschiedlicher Strömungen in der Arbeiterbewegung steht fest, dass die NaturFreunde in die internen Konflikte der politischen Linken in der Weimarer Republik hineingezogen wurden – konkret für Regensburg existieren dafür keine Belege mehr.

Unter den bei der ersten Verhaftungswelle 1933 in „Schutzhaft“ genommenen SPD-Funktionären und NaturFreunden waren Karl Esser, Max Schinabeck und Alfons Bayerer. Der Kleine Widerstand im deutsch-tschechischen Grenzgebiet zielte auf Hilfe für Flüchtlinge und auf Information. Gerade die Information der Genossinnen und Genossen im Reich – und damit auch eines interessierten Teiles der Bevölkerung – lag der Exil-SPD am Herzen. Widerstand und Verfolgung betrafen die Sozialdemokraten im Sudetenland wie in Niederbayern und der Oberpfalz – nicht selten Seite an Seite. In Nordbayern landete die über Flossenbürg, Furth im Wald und Waldmünchen ins Land gebrachte Literatur zuerst in von Vertrauensleuten geschaffenen Depots in den Oberpfälzer Städten Schwandorf und später Weiden, von denen aus sie weiter in die großen fränkischen, niederbayerischen und oberpfälzer Städte geschmuggelt wurde.

Regensburg war wegen seiner geographischen Lage zu einem wichtigen Verteilungsknoten für die größeren Städte wie Nürnberg und München. Der Arbeiter Georg Peter, Mitglied der Regensburger SAJ, nahm Verbindung zum Exil-Vorstand der SPD in Prag, auf. Wenige Tage nach dem Erscheinen des Neuen Vorwärts, der SPD-Exilzeitung, am 18. Juni 1933 brachte Peter ein Paket über die grüne Grenze nach Regensburg. Ansprechpartner dort war Hans Weber. Weber gehörte neben seiner Partei, der SPD, und seiner Gewerkschaft auch den NaturFreunden an. Mitglied war er dort um 1930 schon als Arbeiterjugendlicher. Seine Erfahrungen als NaturFreund halfen Weber durch die gute Kenntnis örtlicher Verhältnisse bis hinein in den Bayerischen Wald zum Beispiel bei Kontakten mit der Sopade in der Tschechoslowakei. Hans Weber leitete in den nächsten vier Monaten die Gruppe, hielt Verbindung zur Parteileitung in Prag und organisierte die Verbreitung der eingeschmuggelten Schriften in Südbayern. Die vielen Reisen von Regensburg nach Schwandorf, Amberg, Weiden, Landshut, Straubing, München und einige Male auch über die Grenze in die CSR unternahm Weber teils per Fahrrad, teils mit dem Motorrad von Alfons Bayerer, im Winter teils als Skitourist.

Bereits im Frühling 1934 gelang es der Gestapo, in den Widerstandszirkel einzubrechen. Bayernweit wurden mehr als 150 Personen verhaftet. Von den Regensburgern wurde Alfons Bayerer am 7. Mai 1934 verhaftet, am 12. Mai Hans Weber und um diese Zeit auch Karoline Bayerer. Mit Weber wurden auch seine spätere Ehefrau Martha, geborene Bayerer, sowie ihre Mutter Lina Bayerer verhaftet und fast zehn Monate in Untersuchungshaft festgehalten. Im Februar 1935 wurde Hans Weber zusammen mit seinem späteren Schwiegervater Alfons Bayerer, einem vormaligen Parteisekretär und Landtagsabgeordnetem, wegen Hochverrats verurteilt. Alfons Bayerer wurde in der Haft so gequält, dass er an den Folgen der Haft starb. Das Urteil für Hans Weber lautete auf 4 Jahre Zuchthaus und 5 Jahre Ehrverlust. Er verbüßte die Strafe in den Zuchthäusern Straubing und Amberg, dann als „Moorsoldat“ im Emslandlager Aschendorfermoor. Anschließend wurde er in Schutzhaft genommen und verbrachte weitere drei Monate im Gefängnis. Im Mai 1939 wurde er entlassen, blieb allerdings unter Polizeiaufsicht. Zunächst für wehrunwürdig erklärt, wurde er 1942 in die Strafdivision 999 (offiziell als Bewährungseinheit bezeichnet) eingezogen und nach Nordafrika verbracht. Mit der Kapitulation des Afrika-Korps im Mai 1943 geriet Weber in französische Kriegsgefangenschaft.

Noch in der Gefangenschaft begann er wieder mit der politischen Arbeit. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft engagierte er sich sofort wieder. Er wurde persönlicher Sekretär von Karl Esser, dem führenden Kopf der ostbayerischen SPD und späteren Herausgeber der Mittelbayerischen Zeitung, Gewerkschaftssekretär, Stadtrat und Bürgermeister der Stadt Regensburg. Seit seiner Pensionierung in den frühen 1970er Jahren führte er gemeinsam mit seiner Frau lange Jahre die Geschicke der Regensburger NaturFreunde-Senioren. Wesentliche Teile des örtlichen NaturFreunde-Fotoarchivs aus der Zeit vor dem Verbot stammen von ihm.

Anders als Hans Weber war Fritz Heinrichmeyer nach der Erinnerung heute älterer NaturFreunde nicht Mitglied einer Partei. Dennoch wurde auch er als „Vorsitzender der NaturFreunde“, damit „marxistischer Funktionär“ und weil mit einer Jüdin verheiratet von den Nazis sofort verhaftet. Unter strengen Auflagen konnte er zunächst an seine Arbeitsstelle auf der als kriegswichtig geltenden Hitzler-Werft zurückkehren. Vom Oktober 1944 bis April 1945 internierte man ihn wieder in einem Thüringer Zwangsarbeitslager. Seine Frau und Mit- Naturfreundin Elsa wurde erst mit dem Schub im Februar 1945 nach Theresienstadt verschleppt. Dort traf sie ihre Mutter, die seit zweieinhalb Jahren dort eingesperrt war. Zur Zeit der Befreiung – nach 12 Wochen Aufenthalt – war Elsa Heinrichmeyer schwer krank und wog nur noch 30 kg. Sie wurde zunächst in einem russischen Lazarett behandelt, bis auch sie nach Regensburg zurückkehren konnte.

Heinrichmeyers überlebten, und sie waren bereits bei der Wiedergründung der Ortsgruppe der NaturFreunde 1946 wieder dabei. Fritz blieb den NaturFreunden als einer der führenden Skiausbilder erhalten und ist Mitbegründer der Nachkriegs-Bergwacht in der Region.

Die Verfolgung aktiver NaturFreunde hatte unterschiedliche Ausformungen. In ihrer Mehrzahl waren die Mitglieder in Regensburg nicht unbedingt Widerstandskämpfer. Ihren Schwerpunkt sahen sie überwiegend im Sportbereich, aber eben nicht im bürgerlichen Lager. Sich dem Nazi-Regime klaglos unterzuordnen, das kam für sie deshalb nicht in Frage, und so reichte allein ihre Zugehörigkeit oft aus, sie bis in ihr alltägliches Leben hinein zu verfolgen. Fritz Urz und Nikolaus Egersdörfer – beide Eisenbahner – wanderten dennoch weiter und hielten den Namen der NaturFreunde in der Illegalität hoch. Auf diese Weise überlebte eine Basisstruktur der Ortsgruppe, an der man bei der Wiedergründung auch organisatorisch ansetzen konnte, wie das Protokoll der Wiedergründung beschreibt.

Straubing

Gerichtakten zu den Verfahren gegen SPD-Angehörige aus Regensburg, Landshut und Straubing belegen, dass mutige Frauen und Männer sozialdemokratisches Material, darunter die im Prager Exil gedruckten Parteizeitungen Neuer Vorwärts und Sozialistische Aktion, unter größten Gefahren über die bayerisch-tschechische Grenze schmuggelten und es in ganz Bayern – mit dem Zug, dem Fahrrad oder Motorrad oder auch zu Fuß verbreiteten.

Zu Josef Joringer liest man in der Anklageschrift: „In Straubing gelang es im September 1933 dem Regensburger Sozialdemokraten Hans Weber, Josef Joringer jun., als Vertrauensmann für Straubing zu gewinnen. Joringer erhielt marxistische Literatur in der Zeit von September 1933 – April 1934 teils von Weber überbracht, teils holte er sie selber in Regensburg bei Weber und der dortigen Abholstelle Bayerer – wohl versteckt unter dem Sattel im Fahrradrahmen; bei den Fahrten nach Regensburg begleitete und unterstützte den Joringer seine Braut, die Beschuldigte Helene Lettner, die in alles eingeweiht war“.

Als Erkennungszeichen diente ein grüner Wimpel mit rotem Schmetterling. „Joringer gewann als Unterverteiler für Straubing den Beschuldigten Josef Strassmeier, der von November 1933 – März 1934 die Zeitungen gegen Bezahlung an Interessenten abgab; auch der Vater des Joringer jun., der Beschuldigte Josef Joringer sen., verteilte als Gehilfe seines Sohnes einzelne Zeitungen gegen Bezahlung an Interessenten. Die Beschuldigten Wilhelmine Laumer, Alois Kolbeck, Heinrich Liebl, und Peter Räuschl nahmen verschiedener Male gegen Bezahlung Zeitungen entgegen im Bewusstsein, dass sie sowohl durch den Bezug der Zeitungen als durch die Bezahlung derselben den Wiederaufbau der Partei förderten“, so die weitere Anklage.

160 Strafverfahren gegen Straubinger vor den Sondergerichten Nürnberg und München beziehungsweise vor dem Oberlandesgericht München gab es in den Jahren 1933–1945, darunter ein Massenverfahren wegen Einfuhr und Verbreitung illegalen SPD-Propagandamaterials. Unter den 175 Angeklagten waren elf Straubinger und einige Genoss aus Landshut.

Anklage wegen Hochverrats: Josef Joringer jun., Mauerer in Straubing; Josef Joringer sen., Schuhmacher in Straubing (aus Sünching); Helene Lettner, Stenotypistin in Straubing, Braut des Josef Joringer jun.; Wilhelmine Laumer, Hilfsarbeitersfrau aus Straubing;  Josef Strassmeier, Maler aus Straubing;  Alois Kolbeck, Hilfsarbeiter in Straubing; Heinrich Liebl, Fahrradmechaniker in Straubing; Peter Räuschl, Landarbeiter in Fruhstorf/Straubing; Bruno Richter, Former in einer Ziegelei in Straubing; Andreas Massandl, Obermelker; Katharina Massandl aus Fruhstorf/Straubing. Strafen: Josef Jorninger sen. wurde zu einem Jahr sieben Monaten Gefängnis, Josef Strassmeier zu acht Monaten, Josef Joringer jun. zu zwei Jahren verurteilt und anschließend bis Mai 1939 im KZ Dachau inhaftiert.

Die Verfahren gegen Alois Kolbeck, Heinrich Liebl und Peter Räuschl wegen Besitzes der verbotenen Schriften wurde 1934 eingestellt. Für Massandl und Richter sind keine Urteile gefunden worden. Eine weitere Anklage gab es wegen Besitz und Kuriertätigkeit 1934 gegen Josef Feldmeier, Kranführer, in Nürnberg, geb. in Meidendorf/Bogen. Die Verfahren wegen des Besitzes verbotener Schriften wurden 1934 eingestellt gegen: Ludwig Mittermeier, Dreher in Landshut; Alfons Frauenhofer, Friseur in Landshut; Jakob Birnkofer, Mauerer in Landshut;  Franz Rembold, Mauerer in Landshut;  Ludwig Held, Elektriker in Landshut; Franz Störringer, Bäcker in Landshut;  Josef Raab, Schriftsetzer in Landshut (aus Schmatzhausen).

Weiter vermelden Akten der Regensburger Gestapo für den Oktober und Dezember 1937 die Festnahme von einigen Schmugglern, darunter mehrere sudetendeutsche Sozialdemokraten. Persönlichkeiten des sudetendeutschen Widerstandes wurden bisher eher vergessen oder tabuisiert. Das Hauptmotiv des Widerstands war aber nicht ihre Volkszugehörigkeit, sondern die politische Überzeugung.

So war Herta Lindner eine mutige junge Frau aus Trnovany bei Teplice, die gegen das NS-Regime kämpfte. Sie wurde im November 1920 in Bohosudov (Mariaschein) in eine deutschtschechische Bergmannsfamilie hineingeboren. Bereits als Kind prägte ihre nächste Umgebung ihre politische Gesinnung geprägt. Mit neun Jahren wurde sie Mitglied der sozialistischen Jugendorganisation „Die Falken“. Als die deutschen Nationalsozialisten 1938 das Sudetenland besetzten und begannen, Widersacher zu verhaften, ging Herta Lindner nach Prag. Kurz darauf kehrte sie nach Bohosudov zurück und widmete sich dort der illegalen antifaschistischen Arbeit, an der sich auch ihr Vater beteiligte. 1940 wird sie Gründungsmitglied des „Kletterklubs Lindenbrüder Hohenstein“. Ihre Klettertouren nutzt sie um Propaganda-Material zu schmuggeln. Am 27. November 1941 wird Herta verhaftet, wie später auch ihr Vater. „Todesstrafe wegen Hochverrats“ lautet das Urteil des Volksgerichtshofs am 23. November 1942.

Auch gegen Franz Ascherl, am 6. November 1897 in Fichtenbach bei Taus/Tschechien geboren, Waldarbeiter und Mitglied der DSAP, erfolgte Anklage wegen Hochverrat aufgrund seiner Kuriertätigkeit.

Weitere Beispiele des gemeinsamen Widerstandes

Dieser Teil erzählt die Lebensgeschichten von NaturFreunden, die Widerstand geleistet haben und gleichzeitig Mitglieder der sozialdemokratischen Partei ihres Landes waren. Es sind eindrucksvolle Berichte über großartige Menschen – eine Auswahl ohne Rangfolge.

  • Georg Bischoff wurde am 29. August 1910 in Berlin geboren. Sein Vater, Wilhelm Bischoff, war Bäcker. Er war bereits vor dem Ersten Weltkrieg in die SPD und später in die USPD eingetreten. Schon 1923 schickte er seinen Nachwuchs in die Kindergruppe des Touristenvereins die NaturFreunde. Georg Bischoff interessierte sich bei den NaturFreunden hauptsächlich für Wandern, Sport und Naturwissenschaften, aber auch für politische Fragen. Von 1925 bis 1929 erlernte er den Beruf des Buchdruckers bei der Firma J. Schaal in Berlin. Danach ging er von 1930 bis 1931 auf Wanderschaft und wurde dabei von der Gewerkschaft des Graphischen Gewerbes unterstützt. Als politisch interessierter Naturfreund fand er schnell Kontakt zum Internationalen Sozialistischen Kampfbund (ISK). Dort gehörte er nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten zu einer Fünfergruppe in Berlin-Reinickendorf, die illegale Flugblätter verteilte. Die Zusammenkünfte der Gruppe in der Emmentaler Straße wurden denunziert. Georg Bischoff wurde am 23. Juni 1935 morgens um fünf Uhr bei einer Hausdurchsuchung in seiner Wohnung in Berlin-Wittenau, Fliederweg 13, verhaftet. Der 4. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin-Moabit klagte die Gruppe um den Berliner ISK-Leiter Fritz Grob wegen Vorbereitung zum Hochverrat an. Am 7. Januar 1936 wurde Bischoff zu zwei Jahren Zuchthaus, drei Jahren Polizei-Aufsicht und Ehrverlust verurteilt. Die Strafe saß er im Zuchthaus Luckau ab – 1945 musste er in der berüchtigten Strafdivision 999 in Kroatien sein Leben lassen.
  • Anton Macioszyk, geboren am 12. Januar 1899 in Misburg, war Vorsitzender der Freireligiösen Gemeinde Anderten und gehörte den verschiedensten Organisationen an. Er war Vorsitzender der örtlichen SPD, im Reichsbanner, Mitglied der NaturFreunde und der Gewerkschaft. Für die SPD-Zeitung Volkswille zeichnete er Karikaturen, die auf das Hitlerreich Bezug nahmen. Er wurde sofort nach der Machtergreifung Hitlers verhaftet. Am Abend des 23. Juni 1933 wurde er von SA-Leuten aus seiner Wohnung abgeholt. Sie schleppten ihn in ihre Parteikneipe. Dort wurde er brutal von mehreren SAler zusammengeschlagen und gefoltert. Sie wollten von ihm seine Gefolgsleute wissen. Er aber schwieg und verriet seine Kameraden nicht. Nachts wurde er dann ins Spritzenhaus verschleppt und weiter gefoltert. Freunde, die ihm helfen wollten, wurden mit vorgehaltener Pistole vertrieben. Anschließend wollte man ihn bei lebendigem Leibe verbrennen, um das Geschehen zu vertuschen. Doch der Bäcker nebenan bemerkte den Brand und rief die Feuerwehr. Die SA-Leute verschwanden. Anton Macioszyk erlag am 30. Juni 1933 im Alter von 34 Jahren seinen schweren Verletzungen.
  • Erich Arno Behrisch, geboren 06. Juni 1913 in Dresden, war Schriftsetzer. Er war Mitglied des Buchdruckerverbandes, der sozialistischen Arbeiterjugend, der SPD, der Arbeitersportler und der NaturFreunde. Mit dem aufkommenden Nationalsozialismus verließ er die SPD und schloss sich 1931 der stärker links orientierten Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) an. 1933 wurde er von den Nazis wegen Fortführung einer verbotenen politischen Partei verfolgt. 1934 flüchtete er ins Tschechische. Dort beteiligte er sich aktiv an der illegalen Arbeit gegen das Dritte Reich.

    Nach der Besetzung Böhmens floh er über Polen und das Baltikum nach Schweden. Eine rege publizistische Tätigkeit und die Anstellung in Arbetarnes Tryckeri-Stockholm (Unternehmen der schwedischen Gewerkschaften) folgte. Er nahm im Rahmen des Internationalen Transportarbeiterverbandes an Aktionen gegen die Kriegsvorbereitungen Hitlers teil. 1940 wurde er wegen Sabotage im Auftrag Großbritanniens und einer Zusammenarbeit mit dem britischen Militärgeheimdienst verurteilt. Er hatte als Angehöriger der widerständischen Rickman-Liga versucht, die für NS-Deutschland bestimmten Erztransporte im Hafen von Oxelösund, also Rüstungsgüter, zu behindern. Von 1940 bis 1944 war er im Stockholmer Zentralgefängnis und im nordschwedischen Falun inhaftiert. Dort war Herbert Wehner, Funktionär der KPD im schwedischen Exil, sein Zellennachbar.

    Im Januar 1945 ging er nach Dänemark und war dort bis zum Ende des Nationalsozialismus deutscher Vertreter bei der dänischen Widerstandsbewegung. Anschließend kehrte er nach Deutschland zurück. Er beteiligte sich in Franken am Wiederaufbau der SPD, der er 1944 gemeinsam mit den meisten Mitgliedern der SAP-Gruppe in Schweden um August Enderle, Stefan Szende und Willy Brandt wieder beigetreten war. In den 1950er Jahren war er Unterbezirksvorsitzender im bayerischen Hof und zeitweise stellvertretender Landesvorsitzender der bayerischen SPD. 1946 bis 1949 gehörte Behrisch dem Bayerischen Landtag an, 1949 gewann er das Bundestagsdirektmandat im Wahlkreis Hof, das er bis 1961 hielt. 1961 verließ er nach der Eröffnung eines Ordnungsverfahrens gegen ihn die Partei und wurde Mitglied der Deutschen Friedensunion, deren Direktorium er bis 1968 angehörte. Von seinem Übertritt zur DFU bis zum Ende der Legislaturperiode wenige Monate später war er der einzige Bundestagsabgeordnete dieser Partei. Erich Arno Behrisch starb am 16. September 1989 in Hof.

  • Emil Rentmeister, Sohn einer sozialdemokratischen Arbeiterfamilie in Hochfeld, machte schon als Jugendlicher auf sich aufmerksam. Er absolvierte als erster Volksschüler eine Ausbildung zum Handelskaufmann bei der AEG, die er wegen seiner hervorragenden Leistungen ein halbes Jahr früher beendete. Doch schon 1927/ 28 wurde er entlassen und fand bis zu seinem Tode im Mai 1933 wohl keine weitere feste Anstellung mehr – in diesen fünf Jahren scheint er jedoch zu keinem Zeitpunkt „arbeitslos“ gewesen sein.

    Rentmeister intensivierte die Mitarbeit in seiner Gewerkschaft, dem „Zentralverband der Angestellten“ (ZDA) – August Seeling war damals dessen hauptamtlicher Vorsitzender. Seeling, der spätere Oberbürgermeister Duisburgs und damals Sekretär des ZDA, erinnerte sich: „Es war bekannt, Rentmeister stand sehr zu seinen Überzeugungen“. Außer in der Gewerkschaft war Rentmeister Mitglied der SPD und anderer Organisationen der Arbeiterbewegung. Er war zudem Mitglied des ´Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold´ und der ´Eisernen Front´, die noch gebildet wurde, kurz bevor die Nazis an die Macht kamen. Ihr Abzeichen, die drei Pfeile, trug er immer offen. Er hat seine Überzeugung immer mit Nachdruck vertreten. Durch Gespräche an den Theken kannte man seine Gesinnung. Im März 1933 entging Emil Rentmeister knapp einer Verhaftung, die sich gegen die sozialdemokratischen NaturFreunde richtete, denen er sich bereits in den 20er Jahren angeschlossen hatte. Nachdem Hitler Reichskanzler wurde, kam es auch zum Verbot der Duisburger NaturFreunde. Nun traf man sich illegal im Gewerkschaftshaus.

    Am 2. Mai 1933 erschien Emil Rentmeister in den Räumlichkeiten seiner Gewerkschaft, dem „Zentralverband der Angestellten“ (ZDA) auf der Friedrich-Wilhelm-Straße 72, um ein Gerücht zu überprüfen: Nazis, SA und SS wollten die Gewerkschaftshäuser überfallen. Er wird von den anwesenden Nazis mit den Worten begrüßt: „... Aha da ist ja der Richtige!“ Stunden später stirbt Emil Rentmeister, geboren am 12. Dezember 1905, furchtbar zugerichtet im Alter von 27 Jahren. Mit ihm starben Michael Rodenstock, Johann Schlösser und Julius Birck, örtliche Größen der Duisburger Sozialdemokratie.

  • Der Sozialdemokrat Heinrich Weber war von 1923 bis 1933 Vorsitzender der Singener NaturFreunde. Es ist seiner Initiative zu verdanken, dass die badischen NaturFreunde im Jahr 1926 das Haus in Markelfingen zusammen mit einem Grundstück von ca. 20.000 m² direkt am Bodensee ankauften. Am 20. Juli 1944, nach dem Attentat auf Hitler, wurde Heinrich Weber im Zuge der Aktion Gitter verhaftet und ins KZ Natzweiler-Struthof eingewiesen. Später verlegte man ihn ins KZ-Außenlager Allach, dann ins KZ Mauthausen, wo er 25. September 1944 ermordet wurde. Weber hat als „Fluchthelfer von Markelfingen“ seinen Teil zum antifaschistischen Kampf beigetragen. Nach dem missglückten Hitler-Attentat wurden zusammen mit Heinrich Weber die NaturFreunde Jakob Kahn, Max Porzig, Jakob Strauch, Karl Jäckle und Fritz Vallendor 1944 ins KZ Mauthausen eingeliefert. Auch Fritz Vallendor überlebte das nicht.
  •  Josef Anton Baldermann, Sohn einer Köchin und eines Gießereiarbeiters, wurde 1903 im habsburgischen Wien geboren. Er war gleichermaßen Arbeitersportler, Naturfreund, Kinderfreund und Sozialdemokrat. Der Erste Weltkrieg traf die Familie schwer. Sie war eben dabei, sich aus ärmsten Verhältnissen emporzuarbeiten, als sein Vater zum Frontdienst einberufen wurde. Mit 15 schließt sich Baldermann der sozialistischen Arbeiterjugend an. Er jagt Gelegenheitsjobs nach, muss um Almosen betteln und lebt manchmal auf der Straße. 1924 findet er Arbeit in den Siemens-Werken. In seinen Zwanzigern festigt sich seine Existenz ein wenig. Er richtet sich zwischen Maschinenarbeit und Skitouren ein, zwischen Fabrik, Sozialdemokratie, Arbeiter-Athletenclub und NaturFreunden. Er liest, lernt Esperanto, trägt Sakko und weißes Hemd. Sieben Jahre kann er seine Stelle halten, 1931 verliert er sie wieder.

    Die Sozialdemokratie wird 1934 verboten. 1938, kurz vor dem Einmarsch Hitlers im März, stirbt sein Vater. Im autoritären Ständestaat kommt ihm die politische Heimat abhanden. Baldermann wird am 29. Juli 1941, nun wegen „Betätigung für die Kommunistische Partei“, an der Werkbank festgenommen. 1507 kommunistische Widerstandskämpfer erfasst die Gestapoleitstelle Wien in diesem Jahr. Am 2. März 1943 setzt sich Baldermann im Kellertrakt der Todeskandidaten in Berlin-Plötzensee vor ein Blatt Anstaltspapier und formuliert eine letzte Bitte: Seine Frau möge dem Sohn „Liebe für alles Schöne, für die Natur, für die Tiere, und auch für die Menschen“ bringen. Er ist gerade einmal 40 Jahre alt. Als er in den Hinrichtungsschuppen geführt wird, hat er die Idee einer „neu geordneten Welt“ nicht aufgegeben.

  • Otto Pichl, ist einer von drei Sozialdemokraten, die am 4. Mai 1944 mit dem Fallschirm aus einer britischen Militärmaschine in Nordböhmen landen. Neben Pichl nahmen Ernst Hoffmann und Albert Exler an dieser Aktion teil. Pichl, wurde am 20. November 1896 in Neusattel/Nové Sedlo in der Nähe von Loket geboren, wo seine Eltern als Glasmacher arbeiteten. Er wurde ebenfalls Glasmacher und arbeitete viele Jahre in einer Glasfabrik. 1905 zog die Familie nach Hostomice über Bílinou, wo Otto in einer lokalen Glashütte zu arbeiten begann. Während des Ersten Weltkriegs wurde er in die österreichisch-ungarische Armee berufen. Er diente in Russland und Italien. Während der Kämpfe am 6. Oktober 1915 am Isonzo wurde er schwer verwundet. Sein soziales Gewissen und die Kontakte zur Arbeiterbewegung ließen ihn der DSAP beitreten, in der er als Sekretär des Kreisausschuss in Duchcov arbeitete.

    In den dreißiger Jahren lag die Zentrale der deutschen Sozialdemokratie dort in der Lindenstraße. Aus Protest gegen die blutige Unterdrückung der antifaschistischen Kräfte in der österreichischen Regierung von Bundeskanzler Dollfuß trat er 1934 mit seiner Familie aus der römisch-katholischen Kirche aus und kümmerte sich um Flüchtlinge aus Österreich und Deutschland. Er war aktiv im Kreistag des Bezirks, Schatzmeister der Vereinigung der Eltern (Elternverein) des dortigen Deutschen Gymnasiums, im ATUS (Deutschem Arbeitersportunterricht und Sportverein), bei den NaturFreunden und in der Gewerkschaft. Außerdem war Pichl Mitglied der RW („Rote Wehr“ oder richtiger „Republikanischen Wehr“), die 1938 50 Mitglieder zählte. Nach dem Münchner Abkommen flüchtete Otto Pichl mit seiner Familie ins tschechische Kernland, wo er im Straßenbau arbeitete. Nach der Besetzung des übrigen Gebiets der Tschechischen Republik im Jahr 1939 ging er ins Exil nach Dänemark und später nach Schweden, von wo aus er nach England kam. In der Nacht vom 3. auf den 4. Mai 1944 bestiegen Otto Pichl, Ernst Hoffmann und Albert Exler ein Militärflugzeug in Bari/Italien. Dies war Teil einer Aktion der britischen Special Operations Executive (SOE), die seit 1940 die Aufgabe hatte, britische Spionage und Sabotage hinter den Frontlinien zu betreiben, darunter in der vormaligen Tschechoslowakei, in Deutschland und in der österreichischen Ostmark.

    Pichl, Hoffmann und Exler sowie einige namentlich nicht bekannte Mitglieder der schwedischen Exilgruppe von Ernst Paul und Wenzel Jaksch waren im Jahre 1942 aus Schweden ohne Wissen der dortigen Behörden nach England vermittelt worden und hatten dort eine ausführliche Ausbildung für ihre Agententätigkeit erhalten. Die SOE war übrigens die Organisation, die auch die exiltschechische Attentatsgruppe gegen Heydrich im Jahre 1942 ausgerüstet und im Protektorat abgesetzt hatte. Die Gruppe Pichl, Hoffmann und Exler wurden im Frühjahr 1944 über Nordböhmen ausgesetzt, um vor der bevorstehenden alliierten Invasion in Süd- und Nordfrankreich dort Unruhe hervorzurufen und auf diese Weise möglichst viele Truppen von der Invasionsfront abzuhalten. Sie sprangen im Mai 1944 über dem Gebiet von Nordböhmen ab. Die ersten beiden landeten bei Ústí nad Labem, Exler bei Bynovec bei Děčín. Ihre Aktion endete jedoch katastrophal.

    Pichl wurde am 31. August 1944 in Ústí nad Labem entdeckt und von der Gestapo eingekreist – er beging ebenso Selbstmord wie die in die Sache hineingezogene Sozialdemokratin Erna Haberzettl. Ernst Hoffmann wurde von der Gestapo erschossen; Exlers Bruder wurde von Polizisten erschlagen; Albert Exler überlebte lediglich, weil aufgrund des herannahenden Kriegsendes sein Verfahren vor dem Reichsgericht nicht mehr durchgeführt werden konnte.

  • Albert Exler, wurde 1910 im Dorf Břidličná-Vajglov im Bezirk Bruntál geboren. Er arbeitete als Redakteur der DSAP-Zeitungen in Opava. Während der Mobilisierung im Jahr 1938 wurde er in die Armee eingezogen. Nach der Verabschiedung des Münchner Abkommens lebte er kurz in Olomouc/Olmütz und wanderte dann nach Finnland aus. 1941 ging er nach Schweden und von dort nach zwei Jahren nach England. Nach dem Krieg 1947 ging er nach Deutschland, wo er als Journalist arbeitete und später als Redakteur des Pressezentrums der Sozialdemokratischen Partei in Bonn. 
  • In Gestapoberichten und Gerichtsurteilen über österreichische Widerstandskämpfer wird immer wieder die Mitgliedschaft bei den NaturFreunden als belastend ausgewiesen. Auch unter den Floridsdorfer (Wiener Arbeiter-Bezirk) NaturFreunden waren nicht wenige, die ihr Leben für die Demokratie und ein freies Österreich einsetzten. Am 23. November 1942 verkündete der Volksgerichtshof eine Reihe von Todesurteilen gegen Floridsdorfer Widerstandskämpfer, darunter den Leiter der Betriebszelle des Straßenbahnhofs Floridsdorf, Engelbert Magrutsch, und den städtischen Beamten Mathias Pista, die beide bis 1934 Mitglieder der NaturFreunde und sozialdemokratische Funktionäre gewesen waren.

    Der Lederarbeiter Franz Mittendorfer, der von 1919 bis 1934 den NaturFreunden und anderen sozialdemokratischen Organisationen angehört hatte, wurde als Mitglied der Widerstandsgruppe in den Floridsdorfer Vereinigten Lederfabriken Gerlach, Moritz & Co, am 27. August 1942 von Volksgerichtshof zum Tode verurteilt; das gleiche Urteil traf am selben Tag die Leiter der Widerstandsgruppe in der Lackfabrik, Vinzenz Wagner und Felix Pfeiffer, gleichfalls Mitglieder der NaturFreunde und der Sozialdemokratie. Die Namen hingerichteter Floridsdorfer Widerstandskämpfer aus den Reihen der NaturFreunde ließen sich aus den Unterlagen des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes ergänzen.

  • Hilde Krones (geb. Handl), geboren am 29. Juni 1910 in Wien, Tochter eines Bäckergehilfen, wuchs in Ottakring auf und machte nach der Volks- und Bürgerschule ihre Matura an der Handelsakademie. Die kaufmännische Angestellte ist 1930–1934 Mitglied des Zentralvereins kaufmännischer Angestellter (damalige Gewerkschaft der Handelsangestellten). Die junge Hilde tritt frühzeitig der Sozialdemokratische Arbeiterpartei SDAP bei, ist Mitglied bei den Kinderfreunden, der Sozialistischen Arbeiterjugend und der NaturFreunde. Nach dem Februar 1934 setzt sie ihre Tätigkeit bei den Revolutionären Sozialisten als Funktionärin fort und betätigt sich bei der illegalen Zeitung „Die Wahrheit“. In der NS-Zeit soll es ihr sogar gelungen sein, Verbindungen mit den jugoslawischen Partisanen aufzunehmen.

    Krones arbeitet in einer von der Bayer I. G. Farbenindustrie übernommenen Firma und hat Zugriff auf Medikamente, die sie an Partisanengruppen weiterleitet. Zu Kriegsende gehört Hilde Krones zur Gruppe Revolutionärer Sozialisten, die Kontakt zu führenden Funktionären der Sozialdemokratie aufnimmt. In der Folge kommt es am 14. Mai 1945 im Wiener Rathaus zur Gründung der neuen „SPÖ – Sozialdemokraten und Revolutionäre Sozialisten“. Auch das sozialistische Frauenkomitee wird wiedereingerichtet, zu dessen ersten Mitgliedern sie gehört. Sie wird am 25. November 1945 (Wahlkreis Wien-West) in den Nationalrat gewählt. Doch nach einer Diffamierungskampagne wählt Hilde Krones am 13. Dezember 1948 den Freitod. Sie wird mit Schlafmittelvergiftung in ihrer Wohnung aufgefunden und stirbt am 16. Dezember 1948 in Wien.

  • Franz Olbert aus Brünn/Brno war ein Naturfreund und „Arbeiterdichter edelster Gesinnung“. Er war nicht nur Freund, Lehrer und Berater der NaturFreunde in Brünn, sondern in der gesamten tschechoslowakischen Bewegung und das treibende Element in der Erziehungsarbeit vor allem der Jugend. Zahlreich waren die Aufsätze, die er im Naturfreund veröffentlichte, trefflich die Gedichte. Von den Nazis ins Konzentrationslager geschleppt, verlebte er dort zwei schwere Jahre; in Notizen, die er auf kleine Papierfetzchen schrieb und in seinen Mantel einnähte, überlebte ein unbesiegbarer Glaube an den Sieg der Freiheit und Menschlichkeit. Im September 1944 wurde Franz Olbert zum Tode verurteilt, und am 22. Januar 1944 musste er im Zuchthaus Brandenburg seinen letzten Gang antreten.
  • Adolf Ludwig wurde am 27. Juni 1892 in Pirmasens geboren. Nach der Volks- und Realschule absolvierte er eine Schuhmacherlehre. 1908 wurde er Vorsitzender der Sozialistischen Arbeiterjugend in Pirmasens, 1910 Mitglied der SPD und der Schuhmachergewerkschaft sowie der NaturFreunde. 1915 wurde er für den Kriegsdienst mobilisiert. Mit Begeisterung verfolgte er im November 1918 den Sturz der Wittelsbacher in München und wurde Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrates in Pirmasens. Ludwig war zwischen 1917 und 1922 Mitglied der USPD und von 1920 bis 1930 Dritter Bürgermeister von Pirmasens. Zugleich war er Geschäftsführer des Schuhmacherverbandes in Pirmasens. 1932 wurde er Mitglied des bayerischen Landtages und lehnte dort 1933 Hitlers Ermächtigungsgesetz ab. Nach mehrmaliger Verhaftung musste er im Juli 1933 ins Saargebiet und von dort aus nach Frankreich emigrieren, wo er aktiv in der Internationalen Gewerkschaftsbewegung und der Exil-SPD war. 1940 floh er vor der Wehrmacht ins unbesetzte Frankreich und konnte sich dort der Verfolgung durch die Gestapo entziehen. Nach der Befreiung kehrte er nach Pirmasens zurück. Er war führend beim Wiederaufbau von SPD und Gewerkschaften in der Pfalz und in Rheinland-Pfalz tätig, wurde Mitglied des Landtages und des Bundestages.
  • Erwin Franz Zázworka kam am 2. Februar 1896 in Lobositz zur Welt. Seine Eltern wohnten in Welhotta Nr. 54, am Rande der Kleinstadt Lobositz. Welhotta war damals schon Bahnhofstation an der Eisenbahnstrecke Prag-Dresden und Teplitz-Reichenberg. Als Zázworka 1918 als Zweiundzwanzigjähriger, früh gereift, nach vier Jahren aus dem Kriege heimgekehrte, wurden er und die Seinen am 28. Oktober 1918 Bürger der ersten Tschechoslowakischen Republik. Zu diesem Zeitpunkt war etwa ein Drittel der Einwohnerschaft Böhmens deutscher Nationalität oder bekannte sich zum Deutschtum. 1925 wählten mehr als zwei Drittel der Deutschen jene Parteien, die sich zum tschechoslowakischen Staat bekannten.

    Es gab eine deutsche und eine tschechische Sozialdemokratische Arbeiterpartei in der CSR. In erstere wurde Erwin August Zázworka übernommen, der bisher der SPD angehört hatte. Sohn Erwin Franz Zázworka wurde 1921, als Fünfundzwanzigjähriger Mitglied der DSAP, der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Er arbeitete ab Dezember 1921 in Tetschen/Bodenbach in der Nordböhmischen Druck- und Verlagsanstalt Gärtner & Co. Er war Mitglied bei den NaturFreunden, bei den Kinderfreunden, beim Arbeiter-Gesangsverein, bei den Freidenkern, der Deutschen Bezirksjugendfürsorge, der Parteihilfe, dem Arbeiter-Turn-Verein, dem Bildungsverein, beim Verein der Kunstfreunde und der Büchergilde Gutenberg, aus deren preiswerten und lesenswerten Lieferungen er sich eine große Bibliothek zulegte. Der sozialen Fürsorge für die Benachteiligten der Gesellschaft galt sein größtes Augenmerk.

    Von 1929 bis 1938 war er für die Deutsche Sozialdemokratische Arbeiterpartei DSAP Stadtverordneter, Stadtrat für Soziales, Fraktionsvorsitzender, Vorsitzender der Lokalorganisation und auch Fürsorgereferent. Bei den Gemeindewahlen 1938 rangierte er auf der Liste der Sozialdemokraten für das Amt des zweiten Bürgermeisters von Bodenbach. Als nach dem 9. Mai 1945 die zweite Tschechoslowakische Republik entstand, wurden die Zázworkas als Antifaschisten anerkannt. Sie verließen Tetschen-Bodenbach im Frühsommer 1946, fanden eine neue Heimat im Osten Deutschlands, der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und ab 1949 bis 1990 der DDR, und heute in der Bundesrepublik Deutschland.

  • Josef (Peppi) Hofbauer, Parteifunktinär der DSAP und Publizist, wurde am 20. Januar 1886 in Wien geboren. Hofbauer kam aus einer Arbeiterfamilie, lernte Schriftsetzer und war Mitglied der NaturFreunde. 1904 gründete er mit anderen den Verband jugendlicher Arbeiter Österreichs und wurde 1910 von Josef Seliger in die Redaktion der Freiheit in Teplitz- Schönau berufen. Er war Mitbegründer der Arbeiter-Abstinenzbewegung und an der Entwicklung der sozialistischen Jugendbewegung in Nordwestböhmen beteiligt. Nach dem Kriegsdient 1914-18 wurde er 1919 Bürger der CSR. Er war nach dem 1. Weltkrieg als Parteiredner maßgeblich an der Re-Organisation der durch die Kriegsfolgen isolierten deutschen Arbeiterbewegung in der CSR beteiligt, was zur Gründung der DSAP führte. 1919 bis 1921 war er Chefredakteur der Freiheit in Teplitz-Schönau, 1921 bis 1938 Redakteur des Sozialdemokrat in Prag und verantwortlicher Redakteur der Frauenzeitschriften Gleichheit und Frauenwelt. Hofbauer war Mitglied im Parteivorstand der DSAP, Lehrer an Partei- und Gewerkschaftsschulen sowie schriftstellerisch tätig.

    Seine Kriegserinnerungen schrieb er in "Der lange Marsch" (1930) nieder; das beachtenswerte Buch verbrannten die Nazis 1933. Im Herbst 1938 emigrierte Hofbauer nach Schweden, war ab November 1943 stellvertretender Herausgeber des Exilorgans der Sozialistischen Jugend in Stockholm und ab 1944 Mitglied der zentralen Exil-Leitung der Sozialistischen Jugend. Im Exil arbeitete er als Übersetzer und Publizist, war Mitarbeiter der Sudeten-Freiheit in Oslo, des Sozialdemokrat in London und schrieb für die Blätter für sudetendeutsche Sozialdemokraten in Malmö. 1948 übersiedelte er nach Deutschland und wurde Chefredakteur der Sozialstischen Tribüne in Frankfurt a. M., wo er am 25. September des Jahres starb. Josef Hofbauer war Mitbegründer der NaturFreunde in Schweden.

  • Auch der große Sozialdemokrat Waldemar von Knoeringen, der sich während des Naziregimes in der den NaturFreunden enteigneten Breitenberghütte versteckt hielt bevor er ins Ausland fliehen konnte, war Mitglied der NaturFreunde in Rosenheim. Schon seine Mutter trat 1923 den Rosenheimer NaturFreunden bei. Er lernte dort die Eisenbahnertochter Juliane Astner, seine spätere Arbeits- und Lebensgefährtin kennen, die er 1935 im Exil in Klattau/Klatovy heiratete. Er selbst sagte, dass er seinen Weg zur deutschen Arbeiterbewegung über die NaturFreunde gefunden habe.
  • Hermann Frieb, 1909 in Mauerkrichen bei Rosenheim als einziger Sohn eines Wirtschaftsprüfers geboren, war bis zum Anschluss Österreichs österreichischer Staatsbürger, studierte in München und war Mitglied der SPD in Sendling. Weiter war er Mitglied der NaturFreunde und Vorsitzender der sozialistischen Studentenschaft in München (WS 1932/33). Die Münchner Widerstandsgruppe Revolutionäre Sozialisten um den Wirtschaftsstudenten und späteren Steuerberater Frieb, die sich hauptsächlich aus der Sendlinger SPD rekrutierte, gewann größere Bedeutung. Von München und Augsburg ausgehend, umschloss die Gruppe Stützpunkte in Südbayern und Österreich über Salzburg, Wörgl/Tirol und Linz bis nach Wien.
  • Aus Bad Reichenhall wird berichtet, dass die Mitglieder des SPD-Ortsvereins 1933 überwiegend den NaturFreunden angehörten.
  • Mitglieder der NaturFreunde-Jugendbewegung in Nürnberg, die sich selbst den Namen Falkenhorst gegeben hatten, beschlossen, die Jugendgruppe nach dem Verbot der NaturFreunde 1933 als „Herrenclub“ weiter zu führen. Die Gruppe um den 20-jährigen Zuschneider Stefan Bloß, den 18-jährigen Buchbinder Wilhelm Engelhardt, den 17-jährigen Werkzeugmacher Friedrich Lodes, den 21-jährigen kaufmännischen Angestellten Rudolf Lodes und den 18-jährigen Schuhmacher Adolf Ringler umfasste 1934 rund 10 Mitglieder. Stefan Bloß und Friedrich Lodes nahmen im Juli 1934 an der Arbeiterolympiade in Prag teil. Die Gruppe wurde 1936 verhaftet und die Mitglieder, obwohl ihnen keine Kontakte zu anderen sozialdemokratischen Gruppen oder Exilgruppen nachgewiesen werden konnten, zu Gefängnisstrafen von einmal drei und viermal zwei Jahren verurteilt.
  • Max Opravil wurde am 5. Oktober 1896 als elftes Kind einer Arbeiterfamilie in Wien geboren. Seit seiner Jugend war er in der sozialdemokratischen Bewegung tätig und widmete einen großen Teil seiner Freizeit der Mitarbeit im Arbeiterturnverein und bei den NaturFreunden. Als Angehöriger der Volkswehr nahm er an den Kämpfen um das Burgenland teil, anschließend trat er in die Dienste der Wiener E-Werke. 1934 war er Kommandant des Schutzbundes in Meidling, nach den Februarkämpfen emigrierte er in die Tschechoslowakei, wo ihn Otto Bauer mit dem Aufbau und der Führung der Flüchtlingshilfe betraute. 1938 kehrte Opravil nach Wien zurück und arbeitete wieder im E-Werk. Noch während der Kämpfe im April 1945 begann er seine Mitarbeit beim Wiederaufbau einer demokratischen Verwaltung in Meidling. Bei der ersten Wahl im November 1945 wurde Max Opravil in den Wiener Landtag und Gemeinderat gewählt, dem er bis 1964 angehörte. Max Opravil ist am 30. August 1971 gestorben.
  • Franz Jonas, geboren 1899 in Wien, arbeitete als Schriftsetzer und Korrektor. Er war Gewerkschafter, bei den NaturFreunden, der Sozialistischen Arbeiterjugend und den Arbeiter-Esperantisten. Nach einer Karriere als Gewerkschaftsfunktionär wurde Jonas 1932 zum Sekretär der Sozialdemokratischen Partei bestellt. 1934 floh er in die CSR, kehrte im Juli 1934 zurück und arbeitete illegal weiter. Jonas kam 1935/36 in Haft. Er beteiligte sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs am Wiederaufbau der Stadt Wien, übernahm Parteifunktionen in der SPÖ und wurde 1951 als Nachfolger Theodor Körners Bürgermeister der Bundeshauptstadt. Aus diesem Amt wurde er 1965 zum österreichischen Bundespräsidenten gewählt und 1971 für eine zweite Amtsperiode wiedergewählt. Franz Jonas starb am 24. April 1974.
  • Der steirische Schutzbundführer Koloman Wallisch, eines der prominentesten Opfer des österreichischenn Bürgerkrieges 1934, seine Frau Paula und andere Schutzbündler wollten als „Grazer NaturFreunde“ ihren Häschern entgehen. Bei einem Generalstreik der Arbeiter im Zuge der Februarkämpfe im Februar 1934 wurde der zu diesem Zeitpunkt in Graz wohnhafte Wallisch nach Bruck an der Mur gerufen, um dort die Führung des Republikanischen Schutzbundes zu übernehmen. Als das Bundesheer anrückte, musste er sich mit 320 Schutzbundangehörigen in die nahe gelegenen Berge zurückziehen.

    Der Plan der Schutzbündler, sich über die Grenze nach Jugoslawien in Sicherheit zu bringen, war nicht mehr zu realisieren und Wallisch lehnte das Ansinnen ab, sich allein in Sicherheit zu bringen. Die Regierung setzte ein Kopfgeld von 5.000 Schilling auf den gesuchten Politiker aus. 300 Gendarmen waren an der Suche beteiligt. Wallisch, der sich inzwischen mit seiner Frau Paula getroffen hatte, die – wie sie in ihren Erinnerungen schreibt – ebenfalls tagelang in Heustadeln versteckt gelebt hatte, versuchte am 18. April 1934 in einem Taxi zu entkommen. Bei der Ortschaft Reithal geriet der Wagen von der vereisten Chaussee in einen Straßengraben. Wallisch und seine Begleiter entlohnten den Chauffeur und gingen zu Fuß weiter. Sie wurden erkannt und verraten. Die Flüchtlinge begaben sich in zwei Bauernhäuser: die Schutzbündler legitimierten sich als NaturFreunde aus Graz. Da wurde die Tür aufgerissen, Gendarmerie polterte in das Bauernhaus. „Sind hier ortsfremde Leute aus Bruck? Die Schutzbündler legitimierten sich wiederum als Grazer NaturFreunde; unschlüssig prüfte der Gendarm aus Liezen die Legitimationen. Da drängte ein Junger Gendarmerieschüler sich vor: „Die Leute lügen. Sie sind aus Bruck. Sie haben gegen uns gekämpft.“ Im nächsten Augenblick waren die drei verhaftet, gefesselt, mit Fußtritten hinaus gestoßen. Wenige Minuten später wurden Wallisch und seine Frau aus dem benachbarten Bauernhaus getrieben.

    Bereits am gleichen Tag wurde Wallisch verhört, vor ein Standgericht gestellt und zum Tode durch Erhängen am Galgen verurteilt; 20.40 Uhr wurde das Todesurteil gefällt und um 23.40 Uhr vollstreckt. Koloman Wallisch durfte noch von seiner ebenfalls gefangenen Frau Paula und drei Schutzbündlern Abschied nehmen. Paula Wallisch, die am 21. April 1934 in einer Schwurgerichtsverhandlung zu einem Jahr Haft verurteilt und für einen Sanatoriumsaufenthalt bedingt freigelassen wurde, durfte das Grab ihres Mannes nicht besuchen. Der Untersuchungsrichter drohte ihr, sie müsse sofort wieder zurück ins Gefängnis, wenn sie die Grabstätte aufsuche. Kolomann Wallisch starb mit den Worten: „Es lebe die Sozialdemokratie! Freiheit!“

Beispiele in der Literatur, basierend auf tatsächlichen Gegebenheiten

Oskar Maria Graf: Der Abgrund

Oskar Maria Graf läßt in seinem ersten in der Emigration geschriebenen Roman ein junges, nach Österreich geflüchtetes Paar Münchner Antifaschisten im Auftrag der Exilpartei nahe der bayerischen Grenze „tief im unwegsamen Karwendel, in einer schiefen und verlassenen Hütte auf einem einsamen, kahlen, schnee- und eisverkrusteten Berggipfel“ einen Horchposten beziehen und über einen Tiroler „Pascher“ und Wildschützen, der gefährdete Genossen auf Schleichwegen über die Grenze bringt, Kontakt mit Kurieren des Widerstands in der Heimat halten. Gegenüber lauern überall in den Schutzhütten und auf zackigen Graten SA-Wachen, die beständig jedes Fleckchen Berg mit ihren Feldstechern absuchen.

Nach eigenen Angaben hat Graf seinen Roman „in den ersten vier Monaten nach dem Zusammenbruch des Aufstandes der österreichischen Arbeiter im Jahre 1934“ geschrieben.

Vermutlich kamen ihm einige verstreute Einzelerzählungen (wie die Eduard Rabofskys) über die antifaschistischen Grenzeinsätze zu Gehör, und er hat sie umgehend in seinen Zeitroman eingearbeitet.

Wilhelm Hoegner: „Flucht vor Hitler“ – Autobiographische Aufzeichnungen

Hier wird auf packende Weise eine tatsächliche illegale Überschreitung der Berggrenze mit all den dazu gehörenden Anstrengungen und Gefahren dargestellt. Zwei NaturFreunde, einer davon war Eduard Rabofsky, führten ihn über das Karwendelgebirge nach Österreich.

Um dem Tod im Konzentrationslager Dachau zu entgehen, unternahm der sozialdemokratische Funktionär und Eisenbahnersohn Hoegner im Juli 1933 eine sommerliche Bergfahrt der besonderen Art. Zuerst ging es mit dem Kraftfahrzeug über den Kesselberg zum sagenumwobenen Walchensee, der, trotz des Jahre zuvor auf Drängen der bayerischen Sozialdemokratie errichteten Kraftwerks, mit dem das Gefälle zwischen dem Walchen- und dem Kochelsee ausgenutzt wird, damals noch recht einsam und urweltlich anmuten mochte. Man fuhr „am Ahorn vorbei, den Goethe in seiner Italienischen Reise erwähnt, und weiter durch die dunklen Fichtenwälder bei Krün bis in die Nähe von Mittenwald“. Auf Seitenpfaden betrat man ein Tal im Karwendelgebirge, stieg durch Bergwald und Kare empor und weiter, im Wettlauf mit einem sich abzeichnenden Gewitter, auf Gamspfaden über steile Grashalden, spitze Felsgrate und ein schwer zu begehendes Schneefeld zum Gipfel, der die Grenze nach Österreich markiert. Dort oben brach das Unwetter über den unfreiwilligen Hochtouristen Hoegner und seine Helfer und Führer herein. „In einem fort zuckten die Blitze, rollten die Donner, und vom Sturm und Regen losgelöste Steine prasseln die Felsen herab.“ Nachdem das Schlimmste überstanden war, ging man weiter, durchweicht und vor Kälte schlotternd. „Mit Begeisterung überschritten wir die Grenze und sandten den Verderbern unseres Vaterlandes kräftige Flüche hinüber.“

Auch der Abstieg nach Tirol in die prekäre Freiheit gestaltete sich gefahrvoll und beschwerlich. Zerschlagen, durchnässt und durchfroren gelangten sie weit nach Mitternacht in ein Tiroler Dorf, weckten den Bergwirt, und Hoegner fand eine erste Aufnahme in der neuen Heimat, die bald, wie die verlorene alte, den Weg zum Faschismus ging. Es versteht sich von selbst, dass sich der spätere bayerische Ministerpräsident Hoegner, der nach dem Krieg maßgeblich am Zustandekommen der noch heute gültigen Verfassung des Freistaates beteiligt war, von gewissen Kreisen noch lange vorhalten lassen musste, ein „vaterlandsloser Geselle“ zu sein. In dieser Verfassung, steht übrigens auch, dass „der Allgemeinheit die Zugänge zu Bergen, Seen, Flüssen und sonstigen landschaftlichen Schönheiten freizuhalten“ sind (Art. 141, Abs. 3).

Mit den bequem ausgebauten Verkehrswegen, die längst bis in erschlossene Gipfelregionen reichen, ist der abenteuerliche Glanz des Reisens verblasst. Als Hoegner und seine Begleiter auf ihrer zutiefst existentiellen Tour in das Karwendelgebirge aufbrachen, beschritten sie einen Weg, auf dem sie zu ihrer Sicherheit die bekannten Berg- und Schutzhütten umgehen mussten. Dennoch trafen sie mitten im Wald auf eine sächsische Wanderin, und eine Bergnase im Hochgebirge gewährte ihnen plötzlich die Sicht auf eine tief unter ihnen liegende Almhütte, neben der am Mast die Hakenkreuzfahne wehte. Solche Fahnen gehörten seit 1921 zum Bild vieler Berghütten des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins, in denen der Zutritt von Arbeitertouristen, Juden und Mitgliedern der eigenen Sektion „Donauland“, einer Gründung vom Alpenverein ausgeschlossener Juden und einer starken Minderheit mit ihnen solidarischer Alpinisten, unerwünscht war. SA-Leute, die vor der Hütte standen und zur Gruppe hochblickten, schöpften zum Glück keinen Verdacht.

Schlussbemerkung

Unsere Zeit steht vor neuen großen Herausforderungen, die von uns auch neue große Antworten verlangen. Die Idee der sozialen Demokratie muss sich neu bewähren. Die notwendige sozialökologische Transformation ist eine Chance für unsere sozialdemokratische Familie, vor dem Hintergrund unserer Geschichte und unserer Ideen auch künftig eine wichtige Rolle zu spielen, wenn wir im Sinne von Jean Jaurès die Flamme des Fortschritts brennen lassen.

Das heißt: Wir müssen politisch sein, also Ursachen erkennen, Zusammenhänge verstehen und Perspektiven für ein gutes Leben aufzeigen. Das ist unsere gemeinsame Geschichte und das muss auch unsere gemeinsame Zukunft sein. Viele Begebenheiten und Einzelschicksale aus allen Teilen Deutschlands dokumentieren den gemeinsamen Widerstand. Es gibt zwar die Darstellung des Widerstands im süd- und westdeutschen Bereich, wenig aber aus dem Raum Niederbayern/Oberpfalz. Er bleibt die Hoffnung, dass die geringe Materiallage als Anregung dient, eventuell noch Vorhandenes über die Zeit von 1933 bis 1945 zu suchen und den gemeinsamen Widerstand weiter zu dokumentieren.

Rainer Pasta
für die Online-Zeitschrift "NaturFreundeGeschichte/NatureFriendsHistory"