Per Rad auf der Via Claudia Augusta über die Alpen

Ein Radreisebericht von Grit Franke, NaturFreunde Plauen

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Wir – elf radbegeisterte NaturFreund*innen aus den verschiedensten Regionen Deutschlands und ein NaturFreund aus der Schweiz – trafen uns am 13. September 2020 in Donauwörth, um gemeinsam in zwölf Tagen über die Alpen mit dem Abstecher zum Gardasee nach Verona zu radeln. Unsere Route orientierte sich größtenteils am Verlauf der historischen Via Claudia Augusta, einer alten Römerstraße, die der römische Kaiser Augustus ab ca. 15 v. Ch. erbauen ließ.

Bei bestem Wetter starteten wir mit großen Erwartungen aber auch mit einem gewissen Respekt unsere Tour. Die ersten zwei Tage schloss sich uns noch ein Alleinradler an, der sich von unserer Gruppe und der Wegstrecke hatte mitreißen lassen. Die landschaftliche Vielfalt unserer Strecke war wirklich beeindruckend: Fahrtwege bergauf und bergab, Forststraßen über Kies- und Schotterpisten und feinste Fahrradwege. Es blieb bei vereinzelten glimpflichen Unfällen, nur einmal führte ein Sturz leider dazu, dass ein Radler die Strecke nicht zu Ende fahren konnte.

Mit dem Rad auf 1.406 Meter Höhe

Zuerst radelten wir vorrangig auf gekiesten Wegen durch das breite Lechtal. Am Ende des zweiten Etappentages machte sich dann bereits das Voralpenland mit seinen Hügeln und Almen bemerkbar.

Ab Füssen, einer geschichtsträchtigen Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten, kurbelten wir dann schließlich durch das Hochgebirge. Am Eingang der Ehrenberger Klause besichtigten wir die 406 Meter lange Hängebrücke im Tibet-Style und die Burgruine Ehrenberg. Danach ging es steil bergauf über Heiterwang am See zu den Zugspitzdörfern Bichlbach und Lermoos.

Am fünften und sechsten Reisetag wurde es dann sportlich. Die beiden Alpenpässe Fernpass und Reschenpass galt es zu bezwingen. Dank der fürsorglichen Organisation unseres Reiseführers Heinz Blodek vom NaturFreunde-Landesverband Baden konnten wir mit nur wenig Gepäck auf die Pässe radeln.

Am Morgen der Fernpassüberquerung zogen Regenwolken auf, diese ließen wir jedoch bald zurück. Den Fernpass bewältigten wir sehr erfolgreich abseits der viel befahrenen Fernverkehrsstraße auf einer Forststraße. Am Schloss Fernstein nahmen wir mit großartigem Gefühl unser gesamtes Gepäck wieder auf und weiter ging es durch das ruhige Gurgelbachtal bis Tarrenz, Imst und weiter im Inntal nach Landeck, bis wir schließlich am Abend doch ziemlich geschafft in Teilgruppen unseren Berggasthof in Tschuppbach erreichten.

Die zweite Bergetappe, sozusagen die Königsetappe, folgte bereits am nächsten Tag. Von Martina in der Schweiz auf 1.034 Metern Höhe radelten wir acht Kilometer in elf Kehren mit einer Durchschnittssteigung von sieben bis acht Prozent individuell, jeder nach seinen konditionellen Fähigkeiten hinauf auf 1.406 Meter zur Norberts Höhe. Glücklich oben angekommen genossen wir das atemberaubende Alpenpanorama mit dem Bergdorf Nauders und den Reschensee. Sogar König Ortler winkte uns mit einer weißen Mütze zu. Der Rechenpass und damit der Alpenhauptkamm waren nun überquert.

Durch den Vinschgau nach Bozen und zum Gardasee

Am Tag danach folgte unsere längste Etappe mit 108 Kilometern, beginnend mit einer rasanten Abfahrt durch den Vinschgau mit seinen De-luxe-Radwegen bis nach Meran hinunter. Der mediterrane Einfluss wurde nun spürbar. Ab Meran wurden noch die restlichen Kilometer bis zu unserem Etappenort Bozen „gebolzt“. Der nächste Tag war ja ein Ruhetag, der entweder zum Wandern oder zum Sightseeing genutzt wurde.

Von Bozen aus radelten wir weiter, zunächst hinauf in das Weinbaugebiet rund um den Kalterer See. Da hier jeder nach seinen Fähigkeiten fahren durfte, gestaltete sich das Wiederfinden bzw. Warten aufeinander etwas schwierig. Aber alle fanden wieder zusammen.  

Von Trient aus führte unsere Tour perfekt ausgeschildert wieder an der Etsch entlang. In Hochstimmung erreichten wir das erste Örtchen des Gardasees Torbole, radelten nach einer Pause weiter nach Riva und ließen uns mit der Fähre zum Übernachtungsort Limone schippern.  

Zwischen Weinreben und Insektenschwärmen

Die vorletzte Radetappe war fast eine halbe Gardaseerunde mit dem Abstecher auf dem Skyliner, am Ufer entlang und mit der Fähre bis zur legendären Halbinsel Sirmione. Die letzte Radetappe zum Zielort Verona war zwar kurz, hatte es aber dennoch in sich. Erst war auf der viel befahrenen Fernverkehrsstraße Konzentration gefragt, bis wir endlich die verkehrsarmen Straßen in der Weinbauregion Bardolino und Bussolengo erreichten. Hier wimmelte es von Insektenscharen – also Mund zu und schnell weiter. Die letzten 15 Kilometer radelten wir an der kanalisierten Etsch entlang, bis wir gemeinsam mit stolz geschwellter Brust den Piazza Bra direkt vor der Arena di Verona erreichten.      

Der letzte Tag wurde wieder individuell genutzt. Zwei Radlerinnen machten sich noch per Bahn auf nach Venedig, ein tolles Erlebnis, sozusagen das „Sahnehäubchen“.

Weitere historische Highlights während unserer Radreise waren das Mercateum in Königsbrunn, der größte auf historischer Kartografie beruhende Globus der Welt; die Grenzbefestigung in der Finstermünzschlucht am Ende des Oberinntals; der Kirchturm im Reschensee und die ehemalige römische Straßenstation in Neumarkt an der Etsch, die kein Einheimischer kannte.  

Besonders gut meinte es der Wettergott mit uns. Die Himmelsschleusen öffneten sich nur zweimal am Abend. Ansonsten freute sich die Sonne mit uns.

Was bleibt ist eine tiefe Zufriedenheit, sich viel bewegt zu haben, gemeinsam regionale Köstlichkeiten genossen zu haben, erholt nach Hause zurückzukehren und gute Freunde gefunden zu haben.

Wer ebenfalls die Alpen mit dem Rad über die Via Claudia Augusta überqueren möchte, der sollte eine gute Grundkondition mitbringen, ein intaktes Fahrrad und ein Navi, um sich in den größeren Orten zurecht zu finden.

Die Tour fürs nächste Jahr – übrigens wieder von Heinz Blodek vom Badener Landesverband organisiert – ist schon in Planung. Wir werden im Juni 2021 den Bodensee-Königsee-Radweg erkunden!

Grit Franke
NaturFreunde Plauen

Weitere Bilder

Radreise Via Claudia Augusta 2020

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