Gute Idee: soziale Tauschgeschäfte

Wie die NaturFreunde Bad Vilbel durch einen Tauschhandel ihre Mitgliederzahl verdoppelten

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Vor sechs Jahren nahmen die NaturFreunde Bad Vilbel an einem Markt für „soziale Partnerschaften“ teil und machten ein gutes Geschäft: Sie tauschten Übernachtungen in ihrem Naturfreundehaus gegen ein Konzept für Mitgliederwerbung. Seitdem hat sich die Mitgliederzahl ihrer Ortsgruppe fast verdoppelt.

Der Deal war schnell gemacht. Als Rainer Gilbert von den NaturFreunden Bad Vilbel 2011 bei einem „Marktplatz für soziale Partnerschaften“ auf den Münzenberger Unternehmensberater Helmut König traf, dauerte es weniger als 10 Minuten und ein Handschlag besiegelte den soeben geschlossenen Vertrag. Die NaturFreunde boten dem Unternehmensberater Übernachtungen in ihrem Vereinshaus „Naturfreundehaus Glauberg“ an, als Gegenleistung würde dieser gemeinsam mit der Ortsgruppe ein Konzept ausarbeiten, das neue Mitglieder in den Verein bringen sollte.

Voneinander zu lernen ist eine Grundidee der Kampagne „NaturFreunde bewegen“. Schlagt euren Partnern doch wie die NaturFreunde Bad Vilbel für Dienstleistungen ein Tauschgeschäft vor. Vielleicht könnt ihr auch selbst einen „Markt für soziale Partnerschaften“ organisieren oder die Idee eurer Stadt vorschlagen? Die Bad Vilbeler NaturFreunde geben gerne Auskunft.

Der hessische Wetteraukreis hatte damals zusammen mit der Sparkasse Oberhessen Firmen und gemeinnützige Organisationen zum Marktplatz  „Gute Geschäfte“ eingeladen, um Verträge über Partnerschaften einzugehen – ohne Geld, aber mit einem Nutzen für die Allgemeinheit. Damit, so die Idee hinter dem Tauschmarkt, sollten auch Dienstleistungen getauscht werden können, die sonst für die Tauschpartner nicht erschwinglich gewesen wären. Die Partnerschaft sollte beide Seiten nachhaltig stärken.

Wenige Wochen nach dem  Vertragsabschluss kam das erste Treffen mit dem Unternehmensberater Helmut König zustande. Die Ortsgruppe erstellte im Vorfeld eine ausführliche Analyse ihrer Situation und besprach diese in mehreren Sitzungen gemeinsam mit dem Berater. Die Entwicklung der Mitgliederzahl, die Altersstruktur der Ortsgruppe, ihre Aktivitäten und ihre Bündnispartner wurden analysiert und anschließend ein Konzept zur Gewinnung neuer Mitglieder ausgearbeitet. Insgesamt 40 Arbeitsstunden umfasste der Vertrag.

Jüngere Mitglieder, mehr los als früher

Vorsitzender Norbert Nakoinz sieht das damals abgeschlossene Geschäft heute als einen wichtigen Baustein für die positive Entwicklung  der Ortsgruppe. Denn durch die Unterstützung des Unternehmensberaters hat sich die Mitgliederanzahl von damals 165 auf heute 300 fast verdoppelt. Zur positiven Entwicklung der Mitgliederzahlen hat laut Nakoinz der professionelle Internetauftritt ebenso beigetragen wie der nun monatlich erscheinende Newsletter und der professionell konzipierte Messestand.

Zuvor pflegte ein einziges Mitglied die Webseite der Ortsgruppe, die Entwicklungen waren darum sehr langsam und Aktualität der Seite oft nicht gegeben. Auf Empfehlung des Beraters ließ die Ortsgruppe eine komplett neue, optisch und technisch zeitgemäße Seite von einer Webdesignerin aufbauen. Für deren Pflege wurden vier Mitglieder geschult, die nun gemeinsam im Team Inhalte einpflegen. Auf der Webseite ist jetzt mehr los als früher, aber der Arbeitsaufwand der vier Webmaster hält sich trotzdem in Grenzen.

Auch die Kinder- und Jugendarbeit ist grundlegend verändert worden. Die Bad Vilbeler haben sich von der Idee verabschiedet, dass eine engagierte Mutter allein langfristig eine Kindergruppe leiten kann, und haben stattdessen qualifizierte Honorarkräfte eingestellt, die auch die Vor- und Nachbereitung bezahlt bekommen. So kann die Qualität des Angebots mittlerweile auch anspruchsvolle NaturFreunde überzeugen. Damit die Kinder, die aus der Kindergruppe „herausgewachsen“ sind, dem Verein nicht verloren gehen, wurde für Jugendliche ab 10 Jahren eine „Outdoor-Gruppe“ als Übergangsangebot zum Erwachsenenprogramm geschaffen. Die Gruppe hat sich stetig weiterentwickelt und ist mittlerweile zu einer „Jugend-Klettergruppe“ geworden.

Vielfalt und Qualität des Angebots steigen

Norbert Nakoinz betont, dass sich eben nicht nur die Zahl der Mitglieder verändert habe: „Mit den neuen Mitgliedern ist auch inhaltlich frischer Wind in die Vereinsarbeit gekommen. Jeder Mensch bringt spezifische Wünsche und Fähigkeiten mit – daran orientieren wir uns.“

Um zu testen, wie ein neues Angebot bei den Mitgliedern und Gästen ankommt, führt die Ortsgruppe zunächst  einen  Einzeltermin durch und schaut, wie dieser läuft. Wird die Idee gut angenommen, überlegen alle Beteiligten, wie daraus ein regelmäßiges Angebot werden kann.

Auch der Impuls für das mittlerweile beendete Projekt „Kultur macht stark“ ging von einem Mitglied aus. Das Projekt, für das die Bad Vilbeler eine Förderung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung erhielten, wurde gemeinschaftlich mit der Arbeiterwohlfahrt, dem Deutschen Kinderschutzbund und der Familieninitiative Betreuungsschule Bad Vilbel durchgeführt. Bei der Veranstaltungsreihe „Durch die Jahreszeiten“ konnten Kinder die hiesigen Jahreszeiten auf vielfältige Art und Weise erleben und entdecken, was es eigentlich mit der Wintersonnenwende, der Walpurgisnacht oder den Eisheiligen auf sich hat.

Unterstützung bekommen die Bad Vilbeler NaturFreunde durch neu hinzugewonnene ehrenamtliche Helfer_innen, einige sind über 50 Jahre alt. Das war auch ein Tipp von Helmut König gewesen: Viele ältere Menschen sind sehr fit, haben Zeit und freuen sich, wenn sie sich gemäß ihrer Interessen engagieren können. Über die Kooperation mit der Arbeiterwohlfahrt und über die örtliche Ehrenamtsagentur werden die fleißigen Helfer_innen an die Ortsgruppe vermittelt.

Im Kreis Wetterau soll es jetzt eine Neuauflage des Tauschmarkts geben – die NaturFreunde Bad Vilbel sind sicher wieder mit dabei.

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63695 Glauburg
Übernachtungsplätze vorhanden
Selbstversorgerhaus

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