Die Helme geht, die Argen kommt

Bilanz: Flüsschen im Südharz hat Problem mit den Fließgewässern nahe gebracht

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Um die Qualität der europäischen Gewässer und ihrer Artenvielfalt steht es alles andere als gut. Zwar hat die EU-Wasserrahmenrichtlinie alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, bis zum Jahr 2015 einen „guten ökologischen Zustand“ zu erreichen. Doch weil das Vorhaben bestenfalls schleppend vorankommt, rufen die NaturFreunde Deutschlands gemeinsam mit dem Deutschen Angelfischerverband alle zwei Jahre eine Flusslandschaft des Jahres aus. Die soll die Bevölkerung für die natürlichen und kulturellen Schönheiten von Flusslandschaften sensibilisieren und über deren Bedrohung aufklären.

Begradigungen gegen das Hochwasser
Flusslandschaft des Jahres 2012/13 war die Helme, ein knapp 70 Kilometer langer Fluss, der im Eichsfeld nahe dem Harz entspringt und schließlich in die Unstrut mündet. Zwischen Südharz und Kyffhäuser fließt die Helme durch die „Goldene Aue“, ein früher schilf- und buschreiches Gebiet. Wegen ihres geringen Talgefälles hatte die Helme früher zahlreiche Mäander. In der DDR wurde nach einem Hochwasser im Juni 1956 ein Sofortprogramm zur Verbesserung des Hochwasserschutzes verabschiedet. Man baute ein Rückhaltebecken, begradigte den gesamten Helmelauf und sicherte Uferböschungen mit Steinschüttungen. Dadurch verschwanden fast alle natürlichen Mäander.

Die Angler, die damals Altarme und Fischunterstände forderten, wurden nicht gehört – so berichtete der Anglerverband Sangerhausen. Erst im Jahre 2007 erfolgte die Sanierung des Altarmes „Am Hornissenberg“, der dann 2009 wieder an das Helmesystem angeschlossen wurde. Jetzt können auf den Kiesbänken wieder Bachforellen oder Äschen laichen, das Flachwasser
dient den Jungfischen als „Kinderstube“.

Den NaturFreunden ging es an der Helme um die Stärkung eines nachhaltigen, regionalen Tourismus. In Workshops mit dem Verband „Ökologischer Tourismus in Europa“ wurde Naturschutz und Tourismus zusammengeführt und die Entwicklung touristischer Angebote zum nachhaltigen Naturerlebnis angestoßen. Ausgesprochenen Pilotcharakter hatte dabei eine Wanderwoche der NaturFreunde, die naturkundliche Exkursionen mit kulturellen Angeboten verband. Zum bundesweiten „Wandertag für biologische Vielfalt“ organisierten die NaturFreunde im Juni 2013 eine Musterwanderung durch die Karstlandschaft Südharz bei Questenberg. Dabei wurde auch ein neuer Natura Trail erarbeitet, der schon im Oktober eröffnet werden konnte.

Gemeinsam mit der Parlamentarischen Gruppe „Frei fließende Flüsse“ veranstalteten Natur-
Freunde und Angler zudem einen Workshop in Kelbra. Das Fazit: Flüsse brauchen unbedingt
mehr Raum. Nicht nur wegen des Hochwasserschutzes, sondern auch, um die biologische Vielfalt
im Wasser und an den Ufern zu verbessern. Der grüne Bundestagsabgeordnete und Natur-
Freund Anton Hofreiter forderte dabei, dass als Konsequenz aus dem erneuten „Jahrhunderthochwasser“ Deiche und Dämme zurückgesetzt werden müssten.

Die Angelfischer mahnten die weitere Verbesserung der Wasserqualität sowie die Durchgängigkeit aller Gewässer für Wanderfische an. Gerhard Kemmler vom Anglerverband in Thüringen will die Streichung kleiner Wasserkraftwerke aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und wies an vielen Beispielen in Deutschland die Verletzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie nach.

Die Argen ist noch weitgehend unverbaut
Die Flusslandschaft der Jahre 2012/13 Helme ist nun Geschichte: Am 25. November wurde in Kelbra der Abschluss gefeiert. Am 22. März 2014, dem Weltwassertag, wird dann die Argen
zur Flusslandschaft der Jahre 2014/15 ernannt. Sie entspringt im Oberallgäu, mündet in den
Bodensee und gilt als einer der letzten Gebirgsflüsse Europas, der noch weitgehend unverbaut
ist.

ECKART KUHLWEIN