Deutsche EU-Ratspräsidentschaft: Das sind die EU-Umweltthemen der nächsten Jahre

Deutschland übernimmt ab dem 1. Juli den Vorsitz des Rates der Europäischen Union

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Bis Jahresende übernimmt die Bundesrepublik am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft, also den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Zentrale Aufgabe dieses Gremiums besteht in der Koordinierung die Politik der EU. Der Rat ist zusammen mit dem Europaparlament und der Europäischen Kommission für die Gesetzgebung zuständig. Der Rat der Europäischen Union ist nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat, dem Treffen der Staats- und Regierungschefs. Das Format des Europäischen Rats – auch als EU-Gipfeltreffen bekannt – wurde 2009 mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon als eigene Institution der EU eingerichtet.

Es gibt mehr Herausforderungen als Corona

Nicht nur die Corona-Krise stellt uns vor enorme Herausforderungen, die unser aller Solidarität erfordern. Die Europäische Union muss beweisen, dass sie mehr ist als ein lockerer Staatenverbund, in dem nationale Egoismen Vorrang haben. Gerade jetzt gilt es, sich mit aller Kraft für ein friedliches, solidarisches und demokratisches Europa einzusetzen. Allen Mitgliedsstaaten muss verdeutlicht werden, dass sich kein Land der EU aus seiner europäischen Gemeinschaftsverantwortung stehlen kann. Nirgends wird dies deutlicher als in der Umwelt- und Klimapolitik. Die zentrale Botschaft für die EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 muss sein: Europa packt die großen Themen an – allen voran den Klimaschutz. Gerade jetzt.

Seit Jahren mischen sich die NaturFreunde Deutschlands in die gesellschaftliche Diskussion mit ihrem Drängen nach einem Pfadwechsel in der Politik im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation ein. Wir sind der festen Überzeugung, dass ökologische und soziale Gerechtigkeit untrennbar miteinander verbunden sind. Unerlässlich zur Legitimation eines solchen neuen Entwicklungspfades ist die Verknüpfung mit alltäglichen Erfahrungen und Wertmustern. Aber richtig ist auch, dass die sozial-ökologische Frage nicht auf individuelle Einstellungsänderungen reduziert werden darf.

Die EU braucht ein Klimagesetz

Mehr Informationen
„Steckbrief“ des Deutschen Naturschutzrings (DNR) mit Hintergrundinformationen zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020:
www.kurzlink.de/DNR-EU-Rat-2020

Wir brauchen ein EU-Klimagesetz und die überprüfbare Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele, der „Sustainable Development Goals“. Ein Schwerpunkt der deutschen Ratspräsidentschaft muss die Erhöhung der nationalen Klimabeiträge sein, wie sie für das Jahr 2020 im Parisabkommen vorgesehen sind. Eine ambitionierte Nachhaltigkeits- sowie Klimapolitik repräsentieren diejenigen Handlungsfelder, bei denen der Druck zur Umsetzung besonders stark ist. Denn es gilt hier keine Zeit zu verlieren, ansonsten drohen die Ankündigungen der noch jungen EU-Kommission zur leeren Worthülse zu verkommen.

Mit der deutschen Ratspräsidentschaft wird auch der „Umweltrat“ – alle Umweltminister*innen der 27 Mitglieder sind darin vertreten – von der deutschen Umweltministerin Svenja Schulz (SPD) geleitet. Das Bundesumweltministerium kündigte Handlungsfelder an, die als Ratsschlussfolgerungen, Ratsbefassungen oder Verhandlungen zu EU-Gesetzesinitiativen behandelt werden sollen. Der Schwerpunkt soll „Digitalisierung und Nachhaltigkeit“ verknüpfen. Auf dem Programm steht des Weiteren die schwerpunktmäßige Befassung mit den Politikbereichen des Green Deal, den die EU-Kommission für 2020 angekündigt hat.

Das sind die Stichworte des Green Deal:

  • EU-Biodiversitätsstrategie 2030
  • EU-Klimaschutzgesetz zur Verankerung des Ziels der Klimaneutralität bis 2050 sowie Verhandlungen zur Verschärfung der Klimaziele zur Erfüllung der Anforderungen des Parisabkommens
  • Überarbeitung der Strategie zur Anpassung an den Klimawandel
  • Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien
  • Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen
  • Kreislaufwirtschafts-AktionsplanaAarhus-Verordnung (EU-Verordnung zu Umweltinformationen und Öffentlichkeitsbeteiligung)
  • EU-Industriestrategie (federführend ist das Bundeswirtschaftsministerium)
  • Farm-to-Fork-Strategie – übersetzt „vom Hof auf den Tisch“ (federführend ist das Bundesagrarministerium)

Deutschland muss während seiner EU-Ratspräsidentschaft alles daran setzen, die Klima- und Biodiversitätskrise zu bekämpfen. Dazu gehört die Anhebung des EU-Klimaziels auf mindestens 65 Prozent bis 2030. Auch daran wird sich der Erfolg der deutschen Ratspräsidentschaft messen lassen.

Joachim Nibbe