„Dass der Alpenplan wiederhergestellt wird, ist ein Erfolg der Umweltverbände“

von Christine Eben, stellvertretende Landesvorsitzende der NaturFreunde Bayern und Vizepräsidentin der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA

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Der am 5. November unterschriebene bayerische Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern sieht vor, die stark umstrittene Änderung des Alpenplans im Zusammenhang mit dem Riedberger Horn rückgängig zu machen. Dass der Alpenplan nun in seiner ursprünglichen Form wiederhergestellt wird, ist ein Erfolg der Umweltverbände.

Der seit 1972 bestehende Alpenplan ist als Teil des bayerischen Landesentwicklungsprogramms eine rechtsverbindliche Norm, die das gesamte bayerische Alpengebiet in drei Zonen einteilt. In der streng geschützten Zone C sind jegliche Eingriffe verboten. Trotzdem gab es seit vielen Jahren Pläne der beiden am Fuße des Riedberger Horns gelegenen Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein, ihre beiden Skigebiete durch eine sogenannte Skischaukel zu verbinden, die durch die Tabuzone C führen sollte.

Präzedenzfall nach über 40 Jahren

Dank des Widerstandes der in der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA zusammenwirkenden Organisationen, zu denen seit 2009 auch wir NaturFreunde gehören, konnten zunächst sämtliche Versuche erfolgreich abgewehrt werden. Aber trotz aller Bemühungen wie Ministeriumskontakten und intensiver Öffentlichkeitsarbeit konnten wir nicht verhindern, dass die CSU, allen voran Heimatminister Markus Söder, im Februar dieses Jahres eine Aufweichung des Alpenplans durchpeitschte und so die Grundlage für ein Genehmigungsverfahren für die Skischaukel schuf. Nach über vierzig Jahren unveränderter Geltung und strikter Einhaltung des Alpenplans war dies ein Präzedenzfall.

Die Pläne für die Skischaukel beinhalteten eine Skiverbindung über einen Südwesthang in relativ geringer Höhe, für die Bergwald hätte gerodet werden müssen. Bodeneingriffe wären notwendig geworden, obwohl es sich um labiles Gelände handelt, was durch wiederholte Hangrutschungen erwiesen ist. Auch hätten Balz- und Brutplätze des Birkhuhns zerstört werden müssen, das in Deutschland auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten steht. Der Bau hätte gegen verschiedene naturschutzrechtliche Vorschriften verstoßen, unter anderem gegen die völkerrechtlich bindende Alpenkonvention.

Etappensieg der Umweltverbände

Die Medien nahmen unsere Argumente bereitwillig auf und der Konflikt zog immer weitere Kreise. Im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl im Oktober 2018 war der Druck schließlich so stark angewachsen, dass Markus Söder, nunmehr bayerischer Ministerpräsident, um Wählerstimmen fürchtete und eine Kehrtwende vollzog. Er verkündete ein zehnjähriges Moratorium für die Skischaukel und versprach den beiden Gemeinden als Entschädigung für den Verzicht 20 Millionen Euro für ein „Naturerlebniszentrum Alpin“, das nachhaltigen Tourismus fördern soll. Wir betrachteten diese Entscheidung als Etappensieg.

Während der Koalitionsverhandlungen von CSU und Freien Wählern trat CIPRA erneut mit dem Anliegen an Ministerpräsident Söder heran, die Änderung des Alpenplans rückgängig zu machen. Wir machten deutlich, dass nur dadurch Rechtssicherheit gewährleistet und der Präzedenzfall aus der Welt geschafft werden kann. Diese Forderung hat nun Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden und wir NaturFreunde freuen uns sehr über den großen Erfolg.

Dieser Erfolg war nur möglich, weil wir Umweltverbände unter dem Dach von CIPRA über Jahre hinweg in vielen Strategietreffen ein gemeinsames Vorgehen miteinander abgestimmt haben. Rund 1,5 Millionen Einzelmitglieder haben eben ein beträchtliches Gewicht, das die Politik nicht ignorieren kann.

Ein Wermutstropfen bleibt

Bei aller Freude über die Wiederherstellung des Alpenplans bleibt allerdings ein Wermutstropfen: Unabhängig von der Skischaukel hat das Landratsamt Oberallgäu ein riesiges Speicherbecken in einem Quellmoor, den Neubau der Hörnlebahn mit einem Achtersessellift im Grenzbereich zur Zone C sowie neue Pisten genehmigt.

Wir akzeptieren zwar grundsätzlich eine Modernisierung, aber nicht in dieser Größenordnung und nicht an diesem konkreten Standort. Wir werden uns daher auch weiterhin intensiv um das Riedberger Horn kümmern. Außerdem haben auch wir NaturFreunde unsere Mitarbeit im Beirat für das geplante Naturerlebniszentrum Alpin angeboten.